Rainer Strnad

Editorial

Ein bisschen Start-up?

An mangelnder Transparenz liegt es nicht: Offen haben Johannes Schuller, der Aufsichtsratsvorsitzende der Hagebau, und Jan Buck-Emden, Vorsitzender der Geschäftsführung, mit Journalisten über die Zukunftsinitiative Hagebau X gesprochen. diy berichtet in seiner Titel­geschichte entsprechend ausführlich.
Und doch beschleicht den Berichterstatter das unangenehme Gefühl, es immer noch nicht so ganz zu verstehen. Oder ist es einfach zu früh für handfeste Ergebnisse? Jedenfalls bleiben Fragen: Da leistet sich eine Kooperationszentrale, die alles andere als unerfolgreich agiert und mit dem wirtschaftlichen Verlauf des abgelaufenen Jahres sehr zufrieden ist, eine 40 Köpfe starke Abteilung, die ... ja was eigentlich tut? Sich mit Kulturwandel, der DNA der Zukunft, einem neuen Spirit und New Leadership beschäftigt? Sich als erste Amtshandlung ihre Palettenmöbel baut? Ein bisschen Start-up in der Lüneburger Heide spielt?
Als digitale Transformation ist das Projekt gestartet, erst einmal aber hat es ganz analoge Themen zu bearbeiten.
Das Thema Organisation etwa: Wie ist eine vernünftige Organisation in einem 1.000-Mann-Betrieb hinzubekommen, der per se eine Doppelstruktur hat, weil er sich mit zwei Geschäftsfeldern - Fach- und Einzelhandel - beschäftigt? Ist eine solche Trennung überhaupt sinnvoll? Es ist sicher keine Phrase, wenn Jan Buck-Emden immer wieder betont, dass man ganz konsequent aus der Sicht des Kunden denke, den diese Trennung nicht interessiere.
Das Thema Führung: Welche Führungskompetenzen sind nötig, um "Agilität und Dynamik", wie es in einem Konzeptpapier heißt, zu erreichen?
Vor allem aber das Thema Unternehmenskultur: Welcher Geist, neudeutsch: Spirit, soll in der Kooperation wehen? Welche Werte sie bestimmen? Wie kommen sie ins Unternehmen? Und durch wen?
Dass sich ein Unternehmen mit solchen grundsätzlichen Fragen an sich selbst sehr ernsthaft und intensiver als in irgendwelchen Führungskräfte-Workshops beschäftigt, spricht für und nicht gegen das Projekt Hagebau X. Aus Sicht der Gesellschafter könnte man allerdings auch ein paar Fragezeichen dahinter setzen: Tritt die ursprüng­liche Aufgabenstellung der Digitalisierung nicht zu sehr in den Hintergrund? Ist dieses Projektteam mit einem gefühlten Durchschnittsalter von weit unter dem Hagebau-Schnitt das richtige, um so entscheidende strategische Weichenstellungen vorzubereiten? Kommt dabei mehr heraus als Papiere voller zeitgeistiger Management-Prosa à la "agile Organisation"?
Nur über mangelnde Transparenz, darüber sollten sich die Gesellschafter nicht beklagen: Sie waren bereits im September 2018 zu einer Zukunftswerkstatt eingeladen, um sich über die Arbeit von Hagebau X zu informieren. Die Hagebau hat 370 Gesellschafter. 100 sind gekommen.Herzlichst IhrRainer Strnad
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