Joachim Bengelsdorf, Chefredakteur, Dähne Verlag
Autor: Joachim Bengelsdorf, Chefredakteur, Dähne Verlag
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Dr. Joachim Bengelsdorf

Marx‘ späte Rache – Jeder ist Fabrikant

Heimwerken ist eine deutsche Erfolgsgeschichte. Doch wird diese auch in die Zukunft weitergeschrieben? Eine skeptisch-optimistische Betrachtung.
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Ihnen ist sicherlich das "Wackelbild" auf unserer Titelseite aufgefallen. "Lenticulartechnik" oder "Linsenrasterbild" nennt man das heute. Das Bild passt, was seine Technik und was seinen Inhalt betrifft, hervorragend zu dieser gesamten Ausgabe.
In meiner Jugend waren Wackelbilder schon einmal ungemein populär. Das war die Zeit, als die Baumärkte in Deutschland so langsam laufen lernten. Heute sehen wir diese Technik als Sicherheitsmerkmal auf jedem Euro-Schein, ja es werden sogar Sonderbriefmarken mit dem sogenannten Kippeffekt herausgegeben. Die Lenticulartechnik, obwohl schon fast 110 Jahre alt und schon etwas mit nostalgischem Flair behaftet, ist also immer noch up-to-date und modern, verbindet die Vergangenheit mit der Gegenwart und der Zukunft.
Dazu passt der Bildinhalt. Über einen klassischen, wunderbar altmodischen Eisenwarenladen, wie man ihn vor vierzig Jahren noch häufig betrat, schiebt sich, kippt man das Bild etwas, ein Baumarkt, wie es ihn vielleicht in nächster Zukunft geben wird - alles hypermodern und virtuell. Den Verkäufer haben wir nur wenig "angepasst", sieht man einmal von seiner Kleidung ab.
In meiner Erinnerung greifen auch die Baumärkte von der Vergangenheit in die Gegenwart und sie werden sicherlich auch in die Zukunft reichen. Gleich, ob man jetzt den Beginn des "Baumarktzeitalters" auf Anfang der 60er-Jahre (Bauhaus, Hornbach, Max Bahr) oder auf das Jahr 1970 (Obi mit, so die Unternehmensaussage, "dem ersten richtigen Baumarkt") festlegt, oder ob man die Entwicklung der ersten SB-Regale in den 40er- und 50er-Jahren (Lux u. a.) als Startpunkt der DIY-Revolution nimmt, die Entwicklung der Baumärkte und ihrer Lieferanten ist eine Erfolgsgeschichte.
Irgendwann, das ist normal, ist eine gewisse Sättigung erreicht. Nach der stürmischen Zunahme an Baumärkten in den 80er-Jahren erlebten die deutschen Baumarktbetreiber nach der Wiedervereinigung und dank der Expansion ins europäische Ausland eine Sonderkonjunktur, die den Blick auf die strukturellen Probleme der Branche verstellte. Nach der Jahrtausendwende folgte die große Stagnation. Wirtschaftswissenschaftler sprechen dann gerne von einer "Seitwärtsbewegung" oder von "Nullwachstum", alles verharmlosende Synonyme von "Krise". Von einem einzigen Baumarkt im Jahr 1970 (nehmen wir denn dieses Jahr als Beginn des Baumarktzeitalters in Deutschland) auf aktuell über 4.300, von damaligen Umsätzen im geringen D-Mark-Bereich auf fast 44,8 Mrd. € Ende 2016: Was für eine Entwicklung!
Die…
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