Die Zukunft der Marke

Frank Miedaner,  Weber-Stephen
Frank Miedaner, Geschäftsführer Deutschland und Vice President Central Europe Weber-Stephen
27.11.2014
Starke Marken nutzen heutzutage alle medialen Möglichkeiten, um ihre Stellung zu stärken und weiter auszubauen.

Was haben die Marken Dual, Hertie, Compaq, Kodak und Praktiker gemeinsam? Alle diese Marken sind nicht mehr existent bzw. haben deutlich bessere Zeiten erlebt: Zumeist lag dies an einer verfehlten strategischen Ausrichtung (Praktiker) bzw. am Festhalten an einer überholten Technologie (Kodak). Andere Gründe, warum Marken sterben, können sein: fehlender USP, mangelnde Emotionalisierung, qualitative Probleme, mangelnde Innovationskraft - wobei einige dieser Merkmale durchaus wechselseitige Ursachen haben. Wie im "realen Leben" gilt auch bei Marken: Nur die Stärksten überleben, frei nach Charles Darwin. 
Die vorgenannten Beispiele haben eine Gemeinsamkeit: Die "Rechnung" wurde ohne den Verbraucher gemacht. Nehmen wir das Beispiel Praktiker: Zwar erwartet der Verbraucher in einem Baumarkt günstige Preise - er möchte aber auch aus einem entsprechenden Produktsortiment auswählen und auf Wunsch die entsprechende Fachberatung be­kommen. Beispiel Nokia: Der Verbraucher bevorzugt ein Handy, welches zahlreiche Zusatzfeatures wie Multimedianutzung oder Musikkauf im angeschlossenen Store beinhaltet. Nicht zu vergessen der "Coolnessfaktor" - nicht erst seit­dem Neuromarketing populär ist, wissen wir, dass starke Marken die emotionale Seite des Gehirns ansprechen und entsprechend positive Assoziationen beim Verbraucher auslösen.
Starke Marken nutzen diese Erkenntnisse und bilden emotionale Lebenswelten ab, die dem Konsumenten Orientierung und die Annäherung an einen erwünschten Lebensstil (Life­style) ermöglichen. Dies geschieht nicht nur eindimensional über die klassische Kommunikation, sondern auch über tatsächliche "Markenwelten", sei es in Form von Freizeitparks (Playmobilwelt), exklusiven Clubs (Lufthansa Senator Lounge), Museen (Gucci Museum Florenz), Autowelten (VW Autostadt) oder auch durch Flagship- oder Conceptstores (Ritter Sport, Weber-Stephen). Die Interaktion mit dem Konsumenten stellt hierbei die "Königs­disziplin" der emotionalen Markenbindung dar.
So wächst die Teilnehmerzahl in den deutschen "Weber Grillakademien Original" seit Gründung im Jahr 2006 zweistellig und wird im Jahr 2016 den neuen Rekord von mehr als 100.000 Grillakademie-Teilnehmern erreichen. Teilnehmer der vierstündigen Veranstaltungen werden "brand advocates", indem sie Grillen in einer neuen Dimension erleben. Sie transportieren die Markenbegeisterung freiwillig und 100 Prozent glaubwürdig in ihren Freundes- und Bekanntenkreis. "Word of mouth" ist auch in Zukunft die am besten funktionierende Kommunikation.
Sie ist frei von kommerziellen Hintergedanken und daher effizienter als alle anderen Kommunikationsformen - "Vertrauen in die Marke" als Schlüsselfaktor.Konzentrierte sich in der Vergangenheit der Großteil der Kommunikationsbudgets auf above-the-line (TV, Radio, Print), nutzen starke Marken heute und morgen einen 360°-Kommunikationsansatz, um alle Touchpoints mit dem Konsumenten abzudecken.
Starke Premiummarken konzentrieren sich in ihrer Ansprache nicht auf eindimensionale Zielgruppen (Einkommen, Alter, Geschlecht, Haushaltsgröße), sie bieten ein hohes Identifikationspotenzial über alle Gesellschaftsschichten hinweg und greifen das Medienverhalten der sogenannten Personas (Bsp.: "relaxed independent restarter" oder "neo conventional homies") im eigenen 360°-Kommunikationsansatz auf. Das Persona-Zielgruppenmodell stellt abstrakte Zielgruppeneigenschaften in anschaulichen und lebendigen Lebensgruppen dar.
Die Nutzung von Social Media ist hierbei ebenso Pflicht wie das Anbieten von Apps, erweiterten Serviceangeboten und Online-­Shopping-Angeboten. Der Verbraucher bestimmt zukünftig, an welchem Ort und zu welcher Tageszeit er Informationen benötigt, unterhalten werden oder Käufer werden möchte. Eine Studie des Harvard Business Review (Ausgabe Sept. 2014) zeigt, dass bereits bei 44 Prozent aller Einkäufe Informationen aus digitalen Quellen am wichtigsten sind. Führend ist hierbei die Unterhaltungselektronik mit 65 Prozent, Baummarktartikel liegen knapp unter Durchschnitt bei 41 Prozent.
Social Media und Internet erhöhen nicht nur die Kontaktfrequenz mit besonders interessierten Konsumenten, auch die Transparenz rund um die Marke steigert sich deutlich. So können langfristig aufgebaute Markenwerte innerhalb kürzester Zeit durch Fehlreaktionen und mangelndes Einfühlungsvermögen beschädigt werden, so wie beim Lebensmittelhersteller Nestlé:
Greenpeace veröffentlichte ein Video auf Youtube, in dem Nestlé vorgeworfen wurde, dass zur Herstellung des Schokoladenriegels Kitkat ein aus Indonesien stammendes Palmöl verwendet wird. Der Anbau des Palmöls begünstige die Vernichtung großer Fläche Regenwalds und trage somit zur Zerstörung des natürlichen Lebensraumes des Orang-Utans bei. Die Konsequenz:
ein immenser "shitstorm" auf der Nestlé-Facebook-Seite. Dass Nestlé das Video auf rechtlichem Wege verbieten ließ, steigerte die Reaktionen der Verbraucher weiter und brachte dem Weltkonzern negative Schlagzeilen in der Presse ein. Fazit: Ein effektives Krisenmanagement sowie der offene Umgang mit Problemfeldern gegenüber den Kunden ist für starke Marken der Zukunft unerlässlich.
Beschreiben "Markenwelten" und 360°-Kommunikationsansätze die modernen Kundenbindungsinstrumente der neueren Gegenwart und Zukunft, ist das "Storytelling" ein bereits bekannter und bewährter Marken­erfolgsfaktor, der auch in der Zukunft seine wichtige Bedeutung erhält. In einer zunehmend komplexeren Welt sehnen sich die Konsumenten nach Markeninhalten, die plastisch, informativ und glaubwürdig die Markenherkunft beschreiben. Sei es die Destillerie in den Südstaaten, die die Herkunft des entsprechenden Whiskey (Jack Daniels born 1850) repräsentiert, oder die Metallboje, aus der der erste Kugelgrill entstand (Weber. Der Grill. Das Original).
Der Aufbau klarer und attraktiver Vorstellungsbilder und deren systematische Weiterentwicklung grenzt starke Marken eindeutig vom Wettbewerb ab und stärkt somit die Markeniden­tität. Schwache Marken besitzen dieses klare Profil nicht und werden in einer zunehmend informationsintensiven, sich ständig verändernden und zunehmend komplexen Umwelt nicht überleben. Verbraucher sehnen sich nach emotionalen Leuchttürmen, die Sicherheit, Geborgenheit und Glaub­­würdigkeit ausstrahlen.
Weber, Original Store Berlin
Marken emotional inszenieren – der Weber Original Store Berlin.
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