Ein "tool", also ein Werkzeug

Wir alle haben uns angewöhnt, unsere Sprache mit einer Vielzahl von Anglizismen zu durchsetzen.

Nun ist das im Grunde kein Problem. Die Sprache, heißt es, ist ein lebendig Ding, auch wenn sich gelegentlich vor allem Lehrer, und ich gebe es zu, auch Journalisten daran stoßen. Gerade in Bereichen wie der IT, die stark von technischen Innovationen geprägt sind, erleichtert die Einführung einer Fachsprache sogar eher die Verständigung, und der IT-Bereich ist eben nun mal sehr stark bestimmt durch die englischsprachigen Regionen. Dass die Ursprungsländer einer Technologie in der Regel ihre Sprache mit transportieren, zeigt das Beispiel Bergbau. Dieser war technologisch lange stark von Deutschland aus bestimmt. Entsprechend lassen sich heute noch Wortstämme dieser Technologie nicht nur in der englischen Sprache finden, sondern selbst bis ins Türkische verfolgen. Auch im dafür vielgescholtenen Bereich Marketing ist der Gebrauch von Anglizismen nicht unbedingt abträglich. Selbst mancher Engländer beneidet uns um einen treffenden "denglischen" Terminus wie "Handy", ein Wort, das es ja bekanntlich im Englischen nicht gibt. Zudem transportieren sich über den Klang einer Sprache Kompetenzen. Warum sonst verkauft man in Deutschland "Outdoor"-Produkte unter "Jack Wolfskin", während die Engländer ihre Produkte unter der Marke "Berghaus" im Laden erstehen dürfen. "Solange es der Sache dient", könnte man also flapsig sagen. Doch inzwischen scheint der Import oder die kreative Produktion deutscher Anglizismen ihren Zenit überschritten zu haben. Selbst Marketingleute zweifeln gelegentlich am Sinn der Anglizierung der Verkaufs- und Vortragssprache. Häufig anzutreffende peinliche Ausrutscher in Referaten wie diese --"Da brauchen wir ein anderes "tool", also ein anderes 'Werkzeug' " -- dürften also hoffentlich immer seltener die Zuhörer langweilen. Und auch auf Kongressen, die überwiegend deutsch besetzt sind, aber auf englisch abgehalten werden, geht diese Praxis sehr häufig zulasten der Verständlichkeit und der inhaltlichen Qualität. Gerade hochrangige Referenten verzichten inzwischen deshalb bewusst auf die überzogene Verwendung von Anglizismen. Ein wesentliches Argument, der eigenen Sprache wieder mehr Bedeutung zu geben, nannte zudem kürzlich der Verein Deutsche Sprache. Dieser vertritt die These, dass ein Grund des Versagens deutscher Manager vielfach darin zu finden ist, dass Verträge auf Englisch abgeschlossen wurden, die letztlich nicht "verstanden" wurden. Spätestens hier wird's kritisch. Harald Bott
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