Die Butter vom Brot

Als um den Jahreswechsel herum immer mehr Baumärkte ihre Online-Shops (wieder-) eröffneten – Obi, Hornbach, Praktiker; zuletzt hat Hellweg einen Internet-Shop angekündigt, und sogar Bauhaus werden E-Commerce-Pläne nachgesagt – konnte einen eine Ahnung beschleichen: Schon wieder lassen sich die Gartencenter die Butter vom Brot nehmen. Einst haben ihnen die Baumärkte die Gartengeräte weggenommen, bei Gartenmöbeln und Gartendeko sind sie auf dem besten Weg dazu, und das Brot-und-Butter-Geschäft lebendes Grün machen sie ihnen (allen Unkenrufen über mangelnde Qualität zum Trotz) ebenfalls streitig. Jetzt also das Online-Geschäft mit Gartensortimenten. Wären die Gartencenterbetreiber auf dem BHB-Gartenfachmarktkongress gewesen, hätten sie gehört, was die Baumarktbranche darüber denkt. „Der Garten eignet sich hervorragend dazu, über das Internet vermarktet zu werden“, sagte Michael Baumgardt. Als Hagebau- und Zeus-Geschäftsführer muss er es wissen: Das Joint Venture Baumarkt direkt, das die Hagebau mit dem Versandhandelsriesen Otto betreibt, hat den neuen Mitbewerbern im Distanzhandel einige Jahre Erfahrung voraus. Ob es denn Sortimente gebe, die nicht über das Internet vertreibbar seien, wurde auf dem Kongress gefragt. Knappe Antwort: Nein. Natürlich liegt der Schwerpunkt auf der Hartware, einem Sortiment, das viele Gartencenterbetreiber mit spitzen Fingern anfassen. Aber sie übersehen dabei möglicherweise etwas: Es lässt sich damit Umsatz machen, weil man es mit einem „Convenience-Effekt“, wie Baumgardt sagte, veredeln kann: Holz im Garten, größere Motorgeräte, Gewächshäuser – wer dem Kunden Transport und die Montage abnimmt, dem wird diese Leistung honoriert, und zwar gerne. Nun ist es ja nicht so, dass die grüne Branche gänzlich online-abstinent wäre. Im Februar ist das vom VDG nicht nur initiierte, sondern auch in wirtschaftlicher Verantwortung betriebene Shop-System online gegangen. Einmal abgesehen von der Frage, ob es gut ist, dass ein Verband seinen eigenen Mitgliedern Konkurrenz macht, sollten die Gartencenterbetreiber genau hinsehen, was die von ihnen für ihr Engagement in Sachen Pflanzen und Blumen oft belächelten Baumärkte im Netz so treiben. Wie sagte doch Michael Baumgardt über den grünen E-Commerce? „Wer den Kunden in Zukunft nicht die unterschiedlichsten Zugangsmöglichkeiten zu seinen Sortimenten bietet, wird sich auch schwertun, trotz guter Wachstumsperspektive an diesem Wachstum auch teilzunehmen.“ Rainer Strnad Download: Die Butter vom Brot (PDF-Datei)
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