Joachim Bengelsdorf

Editorial

Felix Austria?

Es war praktisch das Erfolgsgeheimnis der Habsburger: "Bella gerant alii, tu felix Austria nube. Nam quae Mars aliis, dat tibi diva Venus."
*Bis heute wird dieser Distichon (Zweizeiler) gerne zitiert, wenn es um das Land Österreich, seine Institutionen, um die Lebensweise der Bewohner der Alpenrepublik geht. Etwas neidisch hat man von Deutschland oft nach Wien, Salzburg und Graz geschielt, lief doch in Österreich scheinbar vieles leichter, manches auch etwas geschmierter.Baumax hatte die schwere Prüfung des Eindringens der deutschen Baumarktkonkurrenz Anfang der 90er Jahre in die österreichischen Kronlande gemeistert, sich neu erfunden und neu aufgestellt. Die expansiven Bestrebungen, verbunden mit immensen Kosten im neuen Jahrtausend, fehlende Restrukturierungs- und Renovierungsmaßnahmen in Österreich, ein Logistikkonzept mit vielen Fragezeichen, eine fragwürdige Preispositionierung und Sortimentspolitik und schließlich final die Auswirkungen der Wirtschafts- und Finanzkrise in den mittel- und osteuropäischen Ländern haben dazu geführt, dass die Verbindlichkeiten von Baumax in atemberaubend kurzer Zeit nach oben schnellten.Als außenstehender Betrachter blutet einem das Herz. Es geht um menschliche Schicksale, um Angestellte, Lieferanten, die Familien Essl und Schömer. Ein Lebenswerk droht binnen Jahresfrist zerrieben zu werden.
Doch Rettung naht von außen. Die üblichen Verdächtigen, darunter wieder einmal Hellweg und ganz kurz wohl auch Globus, sondieren jetzt den österreichischen und mitteleuropäischen Markt. Mit Obi, Kingfisher und Adeo haben drei der ganz Großen offensichtlich auch Interesse an Baumax bekundet.Die Sanierungsmaßnahmen des inzwischen fast komplett von deutschen Managern gestellten Vorstandes und der zahlreichen größeren und kleineren Banken scheinen Wirkung zu zeigen, so dass begehrliche Liebesblicke nach Klosterneuburg geworfen werden. Das Problem ist nur, dass die österreichische Konsensgesellschaft es kaum zulassen wird, dass ein so prominentes Handelsunternehmen wie Baumax an einen Wettbewerber verkauft wird, der diesem seine eigene Marke überstülpen will. Ein Interesse, Baumax als Marke weiter bestehen zu lassen, hat Obi nicht. Und haben es Kingfisher oder Adeo? Vielleicht eine Zeit lang. Und hat man Interesse an allen Kindern der Braut? Wohl auch nicht. Gerade Ungarn wackelt. Da wird es wohl nichts mit der Doppelmonarchie.Wenn geheiratet wird, dann droht der Braut ganz schnell die Abschiebung ins Kloster. Die Mitgift wird behalten. Joachim Bengelsdorf*Frei übersetzt: "Andere mögen Kriege führen, Du aber, glückliches Österreich, heirate. Denn was (der Kriegsgott) Mars anderen gibt, gewährt Dir (die Liebesgöttin) Venus."
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