In Wermelskirchen entsteht gerade ein neues Berufsbild. Denn dort werden jetzt Leute für eine Tätigkeit gebraucht, für die Obi jahrelang keinen Bedarf hatte: die Integration neuer Franchisenehmer. Seit dem vom neuen CEO eingeleiteten Strategiewechsel hat sich das geändert, und zwar gründlich. Deshalb bauen sie in der Obi-Zentrale, dem Store Support Center, wie sie es nennen, gerade ein 20-köpfiges Team auf, dessen Aufgabe es ist, neue Franchisenehmer möglichst ruckelfrei ins Standortnetz einzuflechten.
Denn davon wird es in nächster Zeit einige geben, daran lässt Obi keinen Zweifel. Mit dem neuen Schwung im Franchising ist außer dem CEO vor allem ein Name verbunden: Peter Tepaß, noch bis Juni Chief Officer Central Europe im Vorstand und auch nach seiner Verabschiedung in den angeblichen Ruhestand weiter im Namen des Bibers unterwegs, und zwar vor allem mit der Mission, weitere lokale Baumarktunternehmer zu Obi zu bekehren und als Franchisenehmer zu gewinnen.
Den einigermaßen spektakulären Auftakt dieser Mission hat der inzwischen vielfach berichtete und interpretierte Wechsel des Hagebau-Gesellschafters Gillet gemacht. Nach der Systemumstellung zum Jahresbeginn gab es dann im März eine offizielle Wiedereröffnung unter dem neuen Namen. Denn Gillet hat gleichzeitig zum Riesenprojekt Systemwechsel ein zweites Riesenprojekt gestemmt: den Neubau seines Gartencenters.











„Der Garten bleibt unser Alleinstellungsmerkmal – ein Bereich, in den wir nicht nur sehr viel Expertise, sondern auch sehr viel Leidenschaft einbringen“, sagte Petra Gillet, die das Unternehmen zusammen mit ihrer Tochter Lara Sophie Gillet führt, bei der Wiedereröffnung. Schließlich war Gillet der erste Hagebau-Gesellschafter, der seinerzeit das Floraland-Konzept der Soltauer Kooperation eingeführt hat.
In den grünen USP haben die selbstbewussten Unternehmerinnen aus der dritten und vierten Generation konsequenterweise nun noch einmal viel investiert: Zusätzlich zu den rund 3 Mio. Euro für die Systemumstellung haben sie rund 7 Mio. Euro in das nun 6.000 m² große Gartencenter gesteckt. Zeitgleich mit der Ankündigung des Wechsels im Juni 2024 begannen die Vorbereitungen. Abriss und Neubau erfolgten bei laufendem Betrieb.
Neben dem Kundenerlebnis einschließlich optimierter Laufwege war auch die Energieeffizienz ein leitender Aspekt für das Projekt. So wurden beispielsweise Thermorinnen und Isolierglas verwendet. Außerdem wurde auf eine Glasfassade zugunsten dämmender Paneel-Elemente verzichtet. Gebaut hat Rabensteiner, für das Ladenlayout wurde der niederländische Spezialist Nifem engagiert, der hier unter anderem mit viel Holz viel Atmosphäre schafft.
Das Ergebnis ist ein Gartencenter, das nicht unbedingt wie ein bei Obi übliches „Gartenparadies“, so heißen dort die Gartenabteilungen, aussieht. Das soll es auch nicht.
Petra Gillet hatte in ihrer Rede zur Wiedereröffnung nämlich ein zentrales Thema: „Trotz aller Veränderung ist eins unerschütterlich – unsere Identität, der Name Gillet, unsere Werte, unsere Kompetenz.“ Dass sie das sehr ernst meint mit der Individualität, kann man sehen, und zwar schon von außen. Über dem neu gestalteten Haupteingang steht nämlich nicht nur das Logo des größten deutschen Baumarktbetreibers, sondern auch der Name Gillet – und zwar darüber; beim zweiten Eingang ist es umgekehrt. Auch der Slogan „Gillet. Zuhause beginnt hier“ ist im Markt weiterhin präsent. Ein Konzept, das auf die anderen Obi-Franchisenehmer übertragen wird, ist das jedoch nicht, hat Obi-CEO Sebastian Gundel klar gemacht (siehe Interview).














Mit seinen 23.000 m² Verkaufsfläche gilt der Markt in Landau als größter Obi-Standort in Deutschland nach Berlin-Steglitz (knapp 20.000 m²). Außerdem ist es der vierte in Deutschland (und der 20. europaweit), der über ein Drive-In verfügt. Das hat Gillet schon zu Hagebau-Zeiten gehabt, wurde jetzt aber noch einmal überarbeitet.
Große Fläche, profiliertes Gartencenter, gestärktes Drive-In – damit tritt Gillet nicht zuletzt im regionalen Wettbewerbsumfeld selbstbewusst auf. Schräg gegenüber betreibt ein anderer Zweig der Familie einen Baustoffhandel weiterhin als Hagebau-Gesellschafter, und keine fünf Kilometer entfernt steht der Flagship-Store von Hornbach neben der Firmenzentrale (der mit seiner Out-of-home-Werbung schon mal gegen den mittelständischen Mitbewerber stichelt).
Die Artikelzahl wurde dafür nicht erhöht, wohl aber die Zahl der Bausteine, die Obi auf dieser Riesenfläche wunderbar unterbringen kann. Man punktet mit Sortimenten wie beispielsweise Motorgartengeräten, in denen man stark ist, oder mit dem neuen Präsentationskonzept für Elektrowerkzeuge. Ausgebaut wurde auch die Heimtierabteilung; sie bietet weiterhin Aquaristik sowie Nager, beides mit Lebendtier. Und klar, natürlich hat Obi in Landau sein neues, in Anthrazit gehaltenes Beschilderungskonzept installiert. Konzeptionell übernommen wurden der Deko-Shop und die Motoristik-Werkstatt für die Marken Husqvarna und Stihl.
Das neue, gerade im Aufbau befindliche Integrationsteam hatte also gut zu tun. Und es hat gelernt, versichert Tepaß: Statt wie jetzt im Januar drei Tage werde man künftig nur noch einen Tag für Marktumstellungen schließen müssen. Und davon, versichert Tepaß, wird es in nächster Zeit noch eine ganze Reihe geben.
Rainer Strnad
Dies ist die Langversion des Beitrags aus der Printausgabe diy 5/2025