Die Zukunft hat schon begonnen

Ralf Meistes, Dachser DIY-Logistics
Ralf Meistes, Fachbereichsleiter Dachser DIY-Logistics
27.11.2014
Der Bedarf der Baumärkte an komplexen Logistikdienst­leistungen wird in den nächsten Jahren zunehmen.

Irgendwann schlägt jedem die Stunde - so auch dem altehrwürdigen Gästebadezimmer der Familie Weber. Was in den 1970er Jahren en vogue war, wirkt mittlerweile nur noch antiquiert. Alles muss erneuert werden! Nichts leichter als das, denn wo vor wenigen Jahren noch eine Tour durch die Baumärkte der Region nötig gewesen wäre, erledigt Familie Weber nun alles vom Sofa aus und profitiert von der scheinbar grenzenlosen Angebotsvielfalt im Internet. 
So sind die exklusiven spanischen Keramikfliesen, die Frau Weber unbedingt im neuen Bad haben will, kostengünstig im Online-Shop einer großen französischen Baumarktkette zu bekommen. Laut Beschreibung werden die Fliesen innerhalb 48 Stunden auch nach Deutschland geliefert. Da auch Wände und Decke einen neuen Anstrich benötigen, bestellt die Familie Farbe, Rollen und Abklebeband gleich mit.
Besonders freut sich Herr Weber aber auf den exklusiven französischen Bistro-Gasgrill, der in Deutschland gar nicht auf dem Markt ist. Denn schließlich soll das neue Bad mit einem guten Essen gefeiert werden! Für den Aufbau der über 200 Grilleinzelteile hat Herr Weber natürlich keine Zeit, deshalb lässt er das die Fachmänner der Spedition erledigen, die auch gleich die Gasflasche mit dabei haben. Sogar französische Merguez könnten mit im Paket sein, doch diese Option wählt er ab, schließlich schmecken ihm die Würste vom heimischen Metzger am besten.
Zukunftsmusik? Nicht ganz, denn der Online-Großeinkauf der Familie Weber ist nicht allzu weit hergeholt. Seit Jahren steigende Absatzzahlen belegen: Die Zukunft der Logistik liegt im E-Commerce. Die Endkundenbelieferung und die Öffnung der Warenströme des europäischen Marktes spielen dabei eine zentrale Rolle.
Auch im Baumarkt der Zukunft bestellt man seine Waren ganz bequem per Click & Pick. Den Baumarkt vor Ort wird es zwar immer noch geben, dann aber mit Fokus auf Inspiration und Beratungsleistung. Bestellte Ware kann der Kunde dann entweder selbst im Markt abholen oder sich bequem am gewünschten Termin nach Hause liefern lassen. Der Endkonsument erhält auf diese Weise eine Vielzahl an Auswahlmöglichkeiten, während der Handel ein wichtiges Instrument zur Kundenbindung an die Hand bekommt.
Für die Logistik stellt dieser Baumarkt der Zukunft eine Herausforderung dar, denn die Ware muss im Lager immer verfügbar sein. E-Commerce lässt Ländergrenzen verschwinden, sodass der französische Baumarkt in direkte Konkurrenz mit den deutschen Platzhirschen tritt. Dazu ist aber auch die rasche und zuverlässige Auslieferung an die internationalen Endkonsumenten nötig.Für den Logistikdienstleister bedeutet das, dass er in eine Gateway-Funktion schlüpfen und seinen Kunden neue Märkte eröffnen muss.
Ein engmaschiges Netzwerk an Niederlassungen mit international standardisierten Abläufen und durchgängigen IT-Systemen ist dann nicht nur ein "nice-to-have", sondern eine Grundvoraussetzung, um im Geschäft zu bleiben. Nur so lässt sich der Warenfluss vom Lieferanten zum Point-of-Sale und bei Bedarf auch wieder zurück bedarfs- und termingerecht organisieren. Dazu kommt die Fähigkeit, Zusatzservices wie zum Beispiel Warehousing oder Merchandising auch grenzüberschreitend anbieten zu können.
Der Trend zum Online-Einkauf lässt die Kunden anspruchsvoller werden, auch wenn es einmal doch zum Einkauf in den Baumarkt vor Ort geht. Im Laden erwarten Internet-affine Kunden wie Familie Weber Inspirationen für die Gestaltung von Haus und Garten sowie die Verfügbarkeit des Vollsortiments. Finden sie einen Artikel nicht, gehen sie eben in den nächsten Laden oder kaufen wieder online.
Für den Handel bedeutet das: Er muss sich einerseits differenzieren und ständig neuartige Artikel - vor allem aus Fernost - in den Markt holen. Das setzt eine funktionierende, weltweite Beschaffungslogistik voraus. Andererseits muss der Baumarkt als Vollsortimenter ständig mehr als 80.000 unterschiedliche Artikel verfügbar haben. Damit bindet der Handel jede Menge Kapital, überlastet sein Lager im Markt und bindet seine Angestellten mit logistischen Tätigkeiten.
Damit der Faktor Nähe als wichtiges Differenzierungsmerk­mal erhalten bleibt, wird auch in Zukunft jeder Artikel im Baumarkt­regal stehen - allerdings in einem virtuellen -, was kleinere Marktflächen ermöglichen wird. Damit können saisonale Schwankungen auch besser ausge­glichen werden. Darüber hinaus werden kundenkommissionierte Lieferungen ab Lieferant oder Lager immer wichtiger, um die zeitnahe Warenverfügbarkeit im Markt oder direkt beim Endverbraucher sicherzustellen.Damit erhöht sich das Angebot im Markt, und der Handel erreicht die von den Kunden geforderte hohe Lieferbereitschaft.
Convenience und Service sind zentrale Anforderungen der Kunden an den Baumarkt der Zukunft, weit mehr also als nur der Transport der Ware bzw. die Warenverfügbarkeit im Markt. Familie Weber nimmt bei ihrem Online-Einkauf gerne Zusatzservices wie die fachmännische Montage des neuen Profi-Gasgrills und die Lieferung der passenden Gas­flasche in Anspruch. Dazu braucht es einen Logistiker, der das internationale Geschäft sicher beherrscht und flexibel Zusatzleistungen für Endkonsumenten anbieten kann.
Mit dem zunehmenden Bedarf an komplexen Logistikservices einher geht die Integration des Dienstleisters als Partner, vor allem was IT-Schnittstellen und Supply Chain-Beratung angeht. Denn nur wenn die Logistik einwandfrei funktioniert, kann Familie Weber wirklich alles unter einen Hut bekommen: Das Gästebade­zimmer umgestalten und am selben Abend noch den neuen Grill testen.
Tastatur
Die steigende Zahl an Online-Einkäufen hat auch Auswirkungen auf die Baumarktlogistik.
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