Der Preis ist heiß

Wer regt sich noch über das Preisgebahren von Fluglinien auf? Wer hat etwas gegen Auktionen wie auf Ebay? Auch Handelsunternehmen könnten ihre Preise anders als bislang üblich modellieren

Würden Sie sich darüber aufregen? Nehmen wir an, am 10. eines fiktiven Monats XY ist Anzeigen-„Deadline“ für die nächste Ausgabe von diy. Und nehmen wir weiterhin an, dass am 15. des Vormonats eine Preisuhr für die Anzeigen in diy für diesen Monat XY beginnen würde zu ticken.
Wer genau an diesem Tag, dem 15. also, eine Anzeige einer bestimmten Größe gebucht hätte, müsste dafür den Anzeigengrundpreis (= 100) zahlen. Wer
vor diesem Termin ein Inserat geschaltet hätte, müsste vielleicht einen Sonderpreis (= 50) eingeräumt bekommen. Doch nach diesem 15. verteuert sich der Anzeigenpreis von Tag zu Tag und erreicht schließlich am 10., dem Finaltag, den Höchstpreis von 250.
Gut, Sie würden sich darüber aufregen. Aber könnten Sie sich vielleicht nicht doch daran gewöhnen? Denn ähnlich verkaufen ja Fluglinien heutzutage bereits ihre Tickets, werden in Bierbörsen die Preise für den edlen Gerstensaft ermittelt oder wird bei Ebay schon lange gehandelt. Und geben Sie es ruhig zu: Daran hat man in Deutschland, daran haben Sie vor zehn Jahren noch nicht gedacht. Neulich wurde bereits im Internet für ein Fachmagazin eine ganze Anzeigenseite zur Versteigerung angeboten.
Heute haben wir uns daran gewöhnt. Auf dem Pricing-Gipfel vor kurzem in Wiesbaden -- eine sehr interessante und informative Veranstaltung übrigens, auf der ich einiges gelernt habe -- wurden die verschiedensten Modelle vorgestellt und diskutiert, wie Preise bei Dienstleistern, Lieferanten und Handelsunternehmen „modelliert“ werden. Denn Preis hat immer auch sehr viel mit Image und Marke zu tun; letztendlich ist der Preis nur der Wert, den ein Kunde einem Produkt beimisst. Und Werte setzen sich aus vielen Faktoren zusammen.
Eines wurde deutlich: Es gibt jenseits aller Preiskämpfe, Coupon-Aktionen und Rabattschlachten noch andere Möglichkeiten, sich des Preises eines Produktes zu bedienen. Oft auf viel intelligentere Art als nur damit, die Preise zu senken. Und: Man kann über den Preis noch ganz andere Sachen machen, wie zum Beispiel Kundenströme und Mitarbeitereinsatz steuern. Mediamarkt hat ja bereits Ein-Tages-Preise eingeführt. Sollte es für Baumärkte beispielsweise nicht möglich sein, gerade in Zeiten der Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten ab 19 Uhr zu anderen Preisen zu verkaufen (minus fünf Prozent) als vorher und von 20 bis 22 Uhr noch weitere fünf Prozent Nachlass zu gewähren? Oder ganz generell am Mittwoch zu anderen Preisen zu verkaufen als an Frei- und Samstagen, klare Kundenkommunikation vorausgesetzt?
Mutiges Denken ist da gefragt, denn: Der Preis ist heiß!
Dr. Joachim Bengelsdorf
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