Sex sells

Fast vier Jahre zurück, im Dezember 2001, stand an dieser Stelle ein Kommentar mit der Headline „Erobert Beate Uhse die Baumärkte?“. Es war ein Kommentar zum damaligen spärlich bekleideten Auftritt von Sonya Kraus – heute kennt sie in unserer Branche ja jeder – in der Zeitschrift „max“. Die Quintessenz des Meinungsartikels war damals: Auch aufgrund dessen, dass in den Baumärkten bereits so ziemlich alles verkauft wird und gleichzeitig vieles „sexgeladener“ vermarktet wird, sei es wohl nur noch eine Frage der Zeit, bis es Sexshops auch in Baumärkten gibt.
Nun, manchmal wird man von der Zeit und vom Ausland überholt. Es stand im Spiegel, und auch die Bildzeitung berichtete sehr zur Gaudi der versammelten Hagebaugesellschafter gerade am ersten Tag der Planungsinformationsveranstaltung in Fulda am 14. September darüber: Wer im Baumarkt von Roman Myszko im nordpolnischen Elblag Waren im Mindestwert von 2.500 € einkauft, erhält einen Gutschein für einen einstündigen kostenlosen Besuch im benachbarten Bordell.
Ausgerechnet im katholischen Polen, möchte man ausrufen. Die Idee, so Myszko, sei ihm gekommen, als die Besitzerin des Bordells bei ihm Pinsel und Farbe gekauft habe. Jeder habe das Recht, auf seine Weise Geschäfte zu machen, verteidigt sich der überzeugte Katholik. Damit liegt er ja voll auf der Argumentationslinie derer, die von Rabatten über Dauerniedrigpreise, Couponing und Gewinnspielen bis zu Auktionen im Baumarkt jede sinnvolle oder fragwürdige Möglichkeit ausschöpfen, den Kunden das Geld aus den Taschen zu ziehen.
Wer weiß: War es bisher vorteilhaft, dass sich ein namhaftes schwedisches blau-gelbes Möbelhaus neben dem eigenen Baumarkt ansiedelte und so Kunden anzog, so kann in Zukunft vielleicht das Eros-Center der Frequenzbringer für die Heimwerkerabteilungen sein. Da ja in letzter Zeit beklagt wurde, dass sich die Männer aufgrund der verstärkten Ausrichtung auf das Dekorative mit den Baumärkten nicht mehr so sehr identifizieren könnten und ihnen das Einkaufen nicht mehr so viel Spaß mache, könnte dies die ultima ratio sein. Wenn man den Gedanken weiterspinnen würde, käme man auf ganz verquere Ideen, was man alles damit machen könnte. Das wäre aber mal eine, ob originelle, sei dahingestellt, so doch auf jeden Fall wirklich neue Idee, wie man den herben Charme von Bohrern, Dübeln und Sägen anstatt wie sonst üblich nur über den Preis einmal anders an den Mann bringen kann.
Übrigens: Zwei der Kunden von Roman Myzsko sind bereits auf sein Angebot eingegangen, haben den Liebes-Gutschein allerdings noch nicht eingelöst. Es besteht also noch Hoffnung für unser Abendland.
Dr. Joachim Bengelsdorf
Zur Startseite
Lesen Sie auch