Paradigmenwechsel

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Die erste Ankündigung am 7. und 8. Oktober kam noch relativ unscheinbar daher: Bei der Hagebau dürfen, ja sollen die Holzfachhändler jetzt auch Produkte aus dem Baustoffhandelsbereich verkaufen. Klar, dass es sich hierbei um Artikelgruppen handelt, die zu den Holzleuten passen (Beschläge, Isolierungsmaterialien etc.). Aber dennoch: Quasi über eine andere Fachhandelsschiene wurde das Fachhandelsmonopol der Baustoffleute gebrochen. Wenn auch nur ein wenig. Exakt zwei Wochen später erfolgte auf der Planungs-Info-Veranstaltung der Hagebau der zweite Schlag. Um die kränkelnden Baustoffabteilungen so mancher Hagebaumärkte (Einzelhandel!) aufzupeppen, sollen um die 40 klassische Fachhandelslieferanten für den Einzelhandel frei geschaltet werden. Man kann jetzt sagen: "Es sind ja nur 40, das ist doch nur ein geringer Teil". Aber um die Menge geht es gar nicht, es geht erstens um den Anfang überhaupt und zweitens um die für den Einzelhandel frei gegebenen Namen: Bostik, Hörmann, Philipine, Protektor, Vedag, um nur einige wenige zu nennen. Die Hagebau macht bereits heute rund 50 Prozent ihres Umsatzes mit dem Endkunden: Ein Viertel klassisch und direkt mit den im Einzelhandel tätigen Hagebaumärkten. Außerdem liegt auch der Einzelhandelsanteil beim Fachhandel (den restlichen 75 Prozent), so gibt die Hagebau zu, bei rund einem Drittel. Die Summe ergibt 50 Prozent. Die Baustoffabteilungen der Hagebaumärkte seien in der Vergangenheit "politisch verkümmert". Gleichzeitig sei der strategische Vorteil aus der Baustoffkompetenz nicht ausgeschöpft worden, heißt es in der Zentrale. Das ist wahrlich ein Paradigmenwechsel. Die Heilige Kuh "Fachhandelstreue" wurde von den Soltauern im Vorübergehen einfach mal schnell geschlachtet. In Soltau gibt man sich unaufgeregt: Man habe sich in der Vergangenheit immer gegen solche Lieferanten gewandt, die ihre auch im Fachhandel erhältliche Produkte bei Aktionen preiswerter an die Baumarktketten abgegeben hätten. Das sei unfair und inakzeptabel gewesen. Gegen eine Baumarktbelieferung sei prinzipiell nichts einzuwenden gewesen. Hört, hört! Diese Entscheidung der Hagebau, verbunden mit ihren eigenen Umbaumaßnahmen im Baustoffbereich der Hagebaumärkte (s. dazu Beitrag im Baustoff-Forum in diy 1/2009), macht die Trennung Einzel- und Fachhandel weiter obsolet. Der Fachhandel hat Angst, verstärkt den Begriff "Baumarkt" auch für sich einzusetzen, obwohl er selber keinen anderen, knackigen Begriff für sein eigenes Vertriebssystem hat. Zeit also auch für andere, umzudenken und neue Wege zu gehen. Die Hagebau geht schon mal voran.
Ihr
Dr. Joachim Bengelsdorf
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