Editorial

Herausforderungen

Die Integration der insgesamt 15 HEV-Baumärkte bedeutet für die Hagebau einen gewaltigen Kraftakt. Zuerst natürlich einmal, was die Anpassungsmaßnahmen beim Marktauftritt und bei der Marktgestaltung betrifft, aber auch bei den Sortimenten, den Produkten und den Lieferanten.Die rein äußerlichen Umgestaltungsmaßnahmen sind dabei das geringere Problem. Kritischer wird es, wenn es ans Eingemachte geht. Auf welche Besonder­heiten legt die HEV bei ihren Sortimenten Wert, welche Lieferanten wollen die Münchner auf jeden Fall behalten? Wie viel Liefe­ran­ten­regionalität ist in einer Kooperation, die ja gerade ihre Gesellschafter zu mehr Einkaufsbündelung verpflichtet hat, noch vernünftig? Und wie sichert man die Lieferanten- und Produktqualität in Bereichen, in denen die Hagebau bisher noch nicht allzu stark aktiv war – z. B. bei Lebend­tieren?Noch diffiziler wird es, wenn es um die Lieferanten- und Markenvielfalt im Baumarkt geht. Die HEV war während ihrer Obi-Zeiten in manchen Bereichen (beispielsweise bei den Gartenelektrogeräten) beileibe nicht so viele Anbieter gewohnt, wie diese jetzt bei der Hagebau üblich sind. Bei einigen Sortimenten der Soltauer Kooperation hat praktisch jede Marke ihre Nische. Und wie sieht es mit einer speziellen Werbeform für die Einzelhandelsgroßfläche aus? Die HEV-Geschäftsführung hat in dieser Frage schon deutlich Handlungsbedarf angemahnt. Und auch die eigene HEV-Kundenkartenlösung zeigt, dass man in München nicht zwangsläufig alles übernimmt, was in Soltau entwickelt wurde.Letztendlich gehen die Fragen, die geklärt werden müssen, sogar noch tiefer. Denn es geht darum, wie harmonisch und demokratisch eine so heterogene Kooperation wie die der Hagebau in Zukunft ihre Aufgaben meistern will und kann. Die Frage nach der Heterogenität, der Unterschiedlichkeit, stellt sich einfach zwangsläufig, wenn man die Verteilung der Standort­anzahl und der Umsätze nach Gesellschafter betrachtet: Von zwei Mio. € bis zu 800 Mio. € Jahresumsatz reicht die Spreizung in der Hagebau. Wer einen Werkers Welt-Markt betreibt, setzt einfach andere Schwer­punkte als ein Gesellschafter wie die HEV, die stark auf den großflächigen Einzelhandel fokussiert ist. Wie schafft man es aber dauer­haft, dass die Gesellschafter sicher sind, dass ihre Interessen zum großen Teil deckungsgleich sind und dass jeder gleich behandelt wird?Die Aufnahme der HEV löst in der Hagebau – nicht nur in der Zentrale, sondern auch unter den Gesellschaftern – einen Denk- und Diskussionsprozess aus, der vernünftig und notwendig ist und der den Grundcharakter dieser Kooperation neu definieren wird. Die Heimat der Hagebau wird sozusagen gerade neu erfunden. Das sind spannende Herausforderungen für alle.Dr. Joachim Bengelsdorf
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