Editorial

Schreck, lass nach

In den Gartenmarkt kommt Bewegung. Das Umsatzvolumen wird sich auch weiterhin so verhalten wie bisher, mit Veränderungsraten im unteren einstelligen Prozentbereich, die zwar der Willkür des Wetters unterworfen sind, ansonsten aber auf lange Sicht eine stabile Branche kennzeichnen.
Was sich ändert, ist die Struktur des Handels, und zwar online wie offline. Jahrzehntelang galt der deutsche Einzelhandelsmarkt als viel zu kniffelig, als dass sich ausländische Unternehmen hierhergewagt hätten oder länger hier geblieben wären.
Das ändert sich gerade. Im Baumarkt- und Baustoffbereich hat sich Screwfix in Deutschland festgesetzt. Clas Ohlson - ein Nahversorger für Heimwerken, Haushalt und Garten - kommt noch in diesem Jahr nach Hamburg. Und auch die schwedische DIY-Kette Byggmax dementiert ihr Interesse an Deutschland nicht.Und im Gartenmarkt? Da ist die Konkurrenz aus dem Ausland schon da, seit Intratuin zwei Franchise-Standorte im Münsterland hat. Bislang war die niederländische Kooperation von den deutschen Kollegen gern als Vorbild in Sachen Trendbewusstsein und Merchandising gehandelt worden. Nun ist aus dem Vorbild ein Konkurrent geworden. Dessen Expansionsabsichten und personelle Aufstellung in Deutschland legt den Gedanken nahe, dass man diese Konkurrenz ernst nehmen sollte.
Mittelständische Gartencenterbetreiber tun sich damit manchmal etwas schwer. Die Gartencenter der Baumärkte belächeln sie häufig sowieso - und verkennen, dass man sie nicht über einen Kamm scheren sollte.
Diesen Fehler sollten sie mit der Konkurrenz aus dem Netz nicht wiederholen. Die wird sicher nicht dominant. Aber im Internet werden Trends gemacht, und da könnte die Branche ruhig genauer hinsehen.Mich jedenfalls hat folgendes Leseerlebnis erschreckt: Das Zeit-Magazin hatte seine Ausgabe vom 1. April 2015 dem Thema "Wie wir uns die Natur nach Hause holen. Ein Designheft" gewidmet. Gartencenter, die sich doch genau darin als Experten sehen, wurden darin kein einziges Mal erwähnt.Mit einer Ausnahme. Die 34-jährige britische Grüngestalterin Isabelle Palmer, Gründerin des Online-Unternehmens The Balcony Gardener, antwortet auf die Frage "Wo bekommt man gute Pflanzen?": "Gartencenter sind in der Auswahl sehr begrenzt und bieten meistens alle das Gleiche an. Wenn man etwas Außergewöhnliches finden will, schaut man am besten ins Internet." Und sie spricht von britischen Gartencentern, denen ja auch nicht unbedingt nachsagt wird, dass sie dem Fortschritt hinterherlaufen.Der grünen Branche ist zu wünschen, dass die Frau nicht Recht behält.
Rainer Strnad
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