Es wirkte ein bisschen wie der Kampf zwischen David und Goliath: Die auf Wettbewerbsrecht spezialisierte Kanzlei Loschelder Leisenberg Rechtsanwälte hat einen Prozess gegen die Betreibergesellschaft der chinesischen Handelsplattform Shein (Infinite Styles Commerce Co.) gewonnen. Im Rücken hatten die Juristen dabei den Verein Lauterer Wettbewerb, einen rechtsfähigen Verband, der sich für fairen Wettbewerb, insbesondere in der Licht- und Elektrobranche einsetzt.
Er vertritt und unterstützt Unternehmen dabei, sich an Gesetze und Verordnungen zu halten, sowohl auf Bundesebene als auch im europäischen Wirtschaftsraum. Er nimmt die in der Branche immer wieder geäußerte Kritik an der Fülle und Wirksamkeit der Regularien ernst und will seinen Mitgliedern helfen, diese Herausforderungen zu bewältigen – durch regelmäßige Updates über die Gesetzeslage, Checklisten, persönliche Beratung in juristischen Fragen und, indem er den Wettbewerb im Blick behält: Vereinsmitglieder können sich bei den Fachleuten melden, wenn sie Unregelmäßigkeiten in der Branche bemerkt haben und sie an den Verein weiterleiten, der dann wiederum den Hinweisen auf den Grund geht. Kurz gesagt: Er kümmert sich.
Das Team untersucht Verstöße im Internet bei Unternehmen, tätigt Testkäufe und überprüft die vertriebenen Produkte. Stellt es einen Gesetzesverstoß fest, hat der Verein die Möglichkeit, Abmahnschreiben zu verfassen. Wichtiger Vorteil für die Mitglieder ist dabei, dass sie die Leistungen des Vereins anonym in Anspruch nehmen können.
Die Erfahrung aus diesen Fällen können sich die Betroffenen und weitere Mitglieder zunutze machen. Denn der Verein darf ihnen gegenüber verraten, welche Fehler Wettbewerber gemacht haben, damit sie daraus lernen können.
Auch die IDV Import- und Direktvertriebs GmbH, ein Anbieter von Leuchtmitteln und Lampen, unter anderen in der DIY-Branche, ist Mitglied. „Unfaire Praktiken zum Nachteil der Endverbraucher und unserer Handelspartner schaden auch uns als Lieferant“, erklärt PR- und Kommunikationsmanager Christoph Seidel und merkt an: „Das Onlinegeschäft ist ein etabliertes Standbein des stationären Handels und steht durch Billiganbieter unter Druck. Die Produkt-Spielregeln der EU gelten auch für Waren, die außerhalb der Union in Internet bestellt werden können. Wenn man nicht aufs Fairplay achtet, wird auf Kosten der seriösen Anbieter hemmungslos gefoult.“

Im Fall von Shein hatte der Verein hatte das Unternehmen wegen des Vertriebs von LED-Lampen abgemahnt, die nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprachen. Sie wiesen keine Herstellerkennzeichnung auf und darüber hinaus war Shein beim Elektro-Altgeräte Register dafür nicht registriert. Ebenso hatte der Anbieter kein Energielabel bereitgestellt. Die Besonderheit in diesem Prozess lag darin, dass Shein hier nicht als Plattformbetreiber, sondern als Hersteller der LED-Lampen in Anspruch genommen wurde. Nachdem Shein die Abgabe einer Unterlassungserklärung verweigert hatte, erhob die den Verein vertretende Kanzlei Unterlassungsklage zum Landgericht München I – mit Erfolg.
Das Gericht hat die Betreiberin der Plattform wegen Verstößen gegen das Elektrogesetz und die Energieverbrauchskennzeichnungsverordnung verurteilt. Es untersagte Shein unter anderem den Verkauf von Beleuchtung ohne Energieeffizienzkennzeichnung, das Inverkehrbringen ohne dauerhafte Herstellerkennzeichnung, den Vertrieb ohne Angabe der Herstelleranschrift oder eines Bevollmächtigten und den Verkauf nicht ordnungsgemäß registrierter Produkte gemäß Elektrogesetz. „Dieses Urteil zeigt, dass auch große Online-Händler wie Shein für Verstöße gegen Wettbewerbs- und Verbraucherschutzgesetze zur Rechenschaft gezogen werden können“, halten die Münchener fest.
Und Christoph Seidel von IDV lobt: „Der Verein setzt seine Hebel am Wettbewerbsrecht an, das die offiziellen Marktaufsichtbehörden allenfalls indirekt durchsetzen. Er erfüllt eine wichtige Rolle zur Markthygiene, indem er die zur Verfügung stehenden rechtlichen Möglichkeiten konsequent aufgreift.“
Nicht nur Shein, auch viele andere Marktteilnehmer missachten die Darstellungsvorgaben des neuen Energielabels, hat der Verein Lauterer Wettbewerb festgestellt. Gemäß der Verordnung 2019/2015 müssen im Internet angebotene Lichtquellen mit dem Energielabel der Energieeffizienzklasse A bis G gekennzeichnet werden. Nicht mehr gesetzeskonform ist die Angabe der Klassen A +, A++ oder A+++. Patricia Lübeck, die für den Verein als Legal Compliance Officer arbeitet, ist überrascht, dass „dieses Wissen noch nicht bei jedem gewerblichen Verkäufer angekommen ist“.

Ebenso, merkt sie an, wüssten viele nicht, dass der im Energielabel enthaltene QR-Code Endkunden zur EPREL-Datenbank führt. Durch das Scannen dieses QR-Codes mithilfe des Smartphones gelangt man an Produktinformationen, die die Kaufentscheidung erleichtern können. „Fehlt es an diesen Informationen, weil der Hersteller das Produkt – gesetzeswidrig – nicht registriert hat, fällt möglicherweise die Kaufentscheidung zum Nachteil des Endverbrauchers oder der Umwelt aus“, kritisiert der Verein. Denn nur wer eine vollumfängliche Kaufentscheidung über das energieverbrauchende Produkt treffen könne, sei auch dazu in der Lage, die Umwelt zu schützen, sind die Marktbeobachter überzeugt.
Gleichzeitig stellten fehlende Kennzeichnungen einen Nachteil für den Marktteilnehmer dar, der sich an die europäischen und nationalen Vorgaben halte. Häufig habe sie fehlende Angaben zum Beispiel auf Plattformen wie Ebay festgestellt, berichtet Lübeck. Sie vermutet, dass durch die zunehmende Breite der Plattformen auch das Risiko steigt, Rechtsbrüche zu begehen. Viele Verkäufer wünschten sich hier mehr präventive Unterstützung von Seiten der Plattformbetreiber, weiß die Juristin.
„Unsere Mitglieder versuchen, rechtskonform zu agieren. Andere tun das nicht. Dadurch entsteht unfairer Wettbewerb“, fasst Lübeck die Problematik zusammen, gegen die der Verein Lauterer Wettbewerb vorgeht. Nun sucht er nach weiteren Mitgliedern, die er unterstützen kann.
Dies ist die Langversion des Beitrags aus der Printausgabe diy 12/2025.












