Rainer Strnad
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Europa, du hast es besser

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Der 11. Global DIY-Summit war noch in der Aufwärmphase, da hatte er nach der ersten halben Stunde seinen kleinen, feinen Eklat: Der indisch-stämmige Professor für Klima, Geoökonomie und Finanzen Sony Kapoor, der in Oslo lebt und unter anderem in Florenz lehrt, sprach nicht nur von einer toxischen Beziehung zu den USA und einer wirtschaftlichen Über-Abhängigkeit Europas von den „Freunden auf der anderen Seite des Atlantiks“; er warnte nicht nur davor, weiterhin den Großteil der weltweiten Investitionen in den USA statt effizienter anderswo zu tätigen (und begründete seine Warnung mit Zahlen); er sagte auch, dass Europäer, die in die USA reisten, nun merkten, wie es sich anfühle, wenn man behandelt werde wie Leute, die aussehen wie er.

Im Saal wurde es unruhig, zumal man wusste: Zum ersten Mal war Home Depot offiziell auf dem Summit vertreten, und das gleich mit vier Leuten, die weit oben in der Firmenhierarchie stehen. Edra-Geschäftsführer John Herbert ergriff ungeplanterweise noch einmal das Wort, um zu betonen, dass die Amerikaner immer noch unsere Freunde seien – und beendete seine kurze Intervention mit einem „Amen“, das sich ernst anhörte und jedenfalls in meinen Ohren eine ironische Brechung andeutete.

Viele Teilnehmer sagten hinterher, so etwas wie der Professor aus Oslo könne man nicht machen: Politik auf die Bühne bringen und Gäste so vor den Kopf stoßen. Ich teile diese Empörung nicht, schließlich empört es mich auch nicht, wenn auf dem BHB-Kongress politische Themen auf offener Bühne und gerne auch in pointierten Statements verhandelt werden. (Aber bitte kein plumpes Politiker-Bashing à la „dogmatisch und inkompetent“, wie es der BDB-Hauptgeschäftsführer Michael Hölker auf der Gesellschafterversammlung der Eurobaustoff gemacht hat.)

Warum soll man gestandenen Managern nicht zumuten können, sich Kritik an ihrem Land und seiner Wirtschaftspolitik anzuhören, auch wenn dessen Lenker, der gerne mit den von ihm erfundenen alternativen Wahrheiten operiert, vom Gründer des besagten Unternehmens im Wahlkampf finanziell unterstützt wurde? Wo wenn nicht auf einer Veranstaltung, die sich den offenen Austausch und das Voneinander-Lernen auf die Fahnen geschrieben hat, sollte man Kritik äußern dürfen, die von vielen Freunden diesseits des Atlantiks geteilt wird?  

Womit ich eine wunderbare Überleitung zu dem Grund gefunden hätte, aus dem ich diese Episode von Lissabon noch einmal aufgegriffen habe: Europa! Ein ungewöhnlich umfangreiches Heft hat uns und Ihnen…

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