Rainer Strand

Kommentar

Alles gesagt. Fast.

Was soll man da noch sagen? Diese September-Ausgabe des diy-Fachmagazins erscheint mit dem Schwerpunkt „Nachhaltige Konzepte“ – wieder. Wir machen so ein Heft seit einigen Jahren und registrieren ein nicht nachlassendes Interesse bei den Unternehmen, die diese Ausgabe nutzen, um ihr Engagement in Sachen Klima- und Umweltschutz der Branche gegenüber zu dokumentieren.

Das Ganze hat also Tradition, und traditionell erscheint an dieser Stelle ein mit reinem grünen Gewissen verfasster Kommentar, der die Unternehmen der Branche mit sanftem Nachdruck auffordert, in Sachen Nachhaltigkeit nicht nachzulassen, und der gleichzeitig freundlich registriert, dass da schon ganz, ganz viel passiert. Was soll ich sagen? So ein Kommentar zum Thema Nachhaltigkeit schreibt sich leicht.

Diese Jahr aber frage ich mich: Was soll ich da noch sagen? In der August-Woche, in der ich das hier notiere, rollt die zweite Hitzewelle über Südeuropa, und auch bei uns im Rheintal ist es knapp 40 Grad heiß. In Frankreich und Spanien brennen die Wälder. Wir haben mal wieder den heißesten jemals gemessenen Monat hinter uns, diesmal war es der Juni in Westeuropa. Das 1,5-Grad-Ziel rückt mit jedem Tag weiter weg.

Es ist alles gesagt. Die Unternehmen sind nach wie vor stets bemüht, um es einmal mit dieser vielsagenden HR-Formel zu sagen: Ja, jeder neue Baumarkt hat seine PV-Anlage auf dem Dach; ja, jeder Hersteller nutzt Recycling-Material für seine inzwischen häufig reduzierten Verpackungen; ja, mehr und mehr Firmen bringen ihren Nachhaltigkeitsbericht heraus; und ja, wir berichten auch in dieser Ausgabe wieder über wunderbare Initiativen aus dieser innovativen Branche.

Aber nein, nach wie vor tun sich alle schwer, ihren Kundinnen und Kunden klar zu machen, dass viele Produkte einen größeren Umwelt- oder Klimaschaden anrichten, als ihr Preis widerspiegelt. Das Problem der wahren, genauer: der unwahren Preise geht keiner an, nicht nur in der DIY- und Garten-Branche nicht, auch nicht in anderen Konsumbranchen und nicht im Food-Sektor. Die Politik traut sich nicht, die Verbraucher wollen es nicht. Genauer: Sie sagen, sie wollen es, aber wollen es nicht bezahlen. Die einschlägigen Umfragen dazu sind eindeutig. „Nachhaltigkeit wird als Erwartung an Marken gesetzt – bezahlt wird sie aber nur noch selektiv“, hat die Strategieberatung Simon-Kucher gerade wieder eine Studie zum Thema Verpackungen zusammengefasst.

Also alles gesagt? Fast. Denn bei den wahren Kosten tut sich doch etwas, möglicherweise etwas Gewaltiges: Durch die Scope-3-Initiative der internationalen Handels- und Herstellerverbände Edra/Ghin und Hima macht sich die gesamte Branche daran, die wahren Klima-Kosten der Produkte, die sie verkauft, zu ermitteln. Was die Preise nicht widerspiegeln, macht die Branche nun als Fleißarbeit. Das ist mühevoll. Aber um es mit Edra-Geschäftsführer John Herbert zu sagen, den ich dazu für diese Ausgabe interviewen konnte: Was ist die Alternative?

Was ich also noch zu sagen hätte: Bitte mitmachen.

 

Herzlichst Ihr

Rainer Strnad

Zur Startseite
Mehr zum Thema
Lesen Sie auch