Unsere Herausfor­de­rungen für die Zukunft

Tobias M. Koerner, Vice President Sales Husqvarna Group – Gardena Division
Tobias M. Koerner, Vice President Sales Husqvarna Group – Gardena Division
27.11.2014
Megatrends sind in aller Munde. Doch wie reagiert man als Unternehmen strategisch auf sie?

Wie entwickeln sich Umsatz und Ertrag im laufenden Geschäftsjahr? Wird das Wetter unser Geschäft in dieser Saison beflügeln oder erschweren? Dies sind ohne Zweifel die Fragen, mit denen wir uns in der Gartenbranche täglich beschäftigen. Doch ein Blick etwas weiter in die Zukunft gerichtet zeigt uns, vor welchen massiven Herausforderungen wir angesichts der globalen Megatrends tatsächlich stehen - und zwar jedes einzelne Unternehmen, aber auch unsere Branche als Gesamtheit.
Basierend auf umfassenden Studien hat die Beratungsgesellschaft Roland Berger in ihrem "Trend Kompendium 2030" die weltweiten Entwicklungen für die kommenden 16 Jahre zusammengefasst. Auf den ersten Blick mögen viele der Themenkomplexe als äußerst abstrakt und als eine Aufgabe an die Politik erscheinen. Auf den zweiten Blick erkennen wir jedoch, dass sie auch uns als Unternehmer und Branche fordern. Heute ist die Zeit, die richtigen Weichen zu stellen.

Globale Megatrends und ihre Bedeutung für die Gartenbranche 


Demografischer Wandel, Ressourcenknappheit, Klimawandel, die dynamische Entwicklung von Technologie und Innovation, die globale Wissensgesellschaft, und die gemeinsame globale Verantwortung werden in der Roland-Berger-Studie als die Megatrends beschrieben, die unsere Welt bis zum Jahr 2030 maßgeblich beeinflussen werden. Im Folgenden möchte ich diese Themen in Bezug auf die Gartenbranche reflektieren.

Demografischer Wandel


Unsere Gesellschaft wird dank einer guten medizinischen Versorgung älter - zumindest in den westlichen Industrienationen. Und diese Gruppe bleibt dabei gesünder und aktiver. Zudem verfügt sie über ein beträchtliches privates Vermögen. Damit stellt sie eine interessante und lukrative Zielgruppe dar. Allerdings auch eine anspruchsvolle und selbstbewusste Bevölkerungsgruppe, die ihre Bedürfnisse genau kennt und kritisch auswählt. Gefragt sind keine "Seniorenprodukte", die auf "alte Leute" abzielen und deren vermeintlichen körperlichen Defizite betonen, sondern Produkte, die sich durch eine intuitive Bedienung, gute Ergonomie, hohe Qualität und vor allem einen hohen Nutzwert auszeichnen. Diese Zielgruppe ist durchaus bereit, für ein gutes Produkt mehr zu bezahlen, es muss seine Versprechungen allerdings auch in der Praxis erfüllen.
Weiterhin verstädtert unsere Gesellschaft zusehends. Während die Ausprägungen regional unterschiedlich sind, ist der Gesamttrend durchaus deutlich - sowohl weltweit, aber auch innerhalb Deutschlands. Eine städtische Gesellschaft hat andere Wohnsituationen und Bedürfnisse als eine Landbevölkerung. Grundstücke und damit auch Gärten sind kleiner, kompakter. Beim Zusammenleben auf engstem Raum gewinnen Emissionen in Form von Abgasen und Lärm erheblich an Bedeutung. Sie gilt es zu minimieren oder im Idealfall vollständig zu vermeiden. Nicht nur in der Automobilindustrie entwickelt sich der Verbrennungsmotor langfristig betrachtet zum Auslaufmodell.

Globalisierung und Märkte der Zukunft


Während in den Industrienationen die Geburtenraten sinken, wächst die Weltbevölkerung andernorts unaufhörlich weiter. Bis zum Jahr 2030 werden 8,3 Mrd. Menschen auf dieser Erde leben. Während einige Märkte also allein von der Größe der potenziellen Zielgruppe her schrumpfen, wachsen andere mit einer hohen Rate. Hotspots dieser Entwicklung sind derzeit die so genannten BRIC-Staaten, also Brasilien, Russ­land, Indien und China.
Als Gartenbranche müssen wir uns bei der Erschließung neuer Märkte jedoch im Klaren darüber sein, dass Wachstumsraten alleine noch keine Geschäftspotenziale bedeuten. Sie müssen auch auf einen fruchtbaren Nährboden fallen. Für unsere Branche bedeutet dies, dass unsere tradierten Geschäftsmodelle eine europäisch geprägte Gartenkultur voraussetzen. Nur dort, wo man den eigenen Garten und die Gartenarbeit als solche zu schätzen weiß, ist man auch bereit, hierfür einen Teil seines verfügbaren Einkommens zu investieren. Für die Geschäftsentwicklung muss daher ein Abgleich zwischen Wachstumspotenzial einerseits und Landeskultur andererseits stattfinden. Dort, wo es keine Möglichkeit gibt, die tradierten Geschäftsmodelle zu exportieren, sind völlig neue Konzepte gefragt.

Klimawandel und Ressourcenknappheit


Über den Klimawandel ist schon viel geredet und geschrieben worden. Auch wenn es durchaus Kontroversen bezüglich Ausmaß und Geschwindigkeit der globalen Erwärmung und ihrer Folgen gibt, wird diese im Grundsatz nur noch von einer absoluten Minderheit völlig negiert. Klimaforscher sprechen von einer Zunahme der extremen Wettersituationen. Ob Überflutungen und heiße, trockene Sommer, die wir in den vergangenen Jahren auch in Deutschland beobachten konnten, bereits eine unmittelbare Folge davon sind, ist nachrangig. Diese Wetterphänomene existieren, und sie bieten uns die Chance, intelligente Lösungen auf den Markt zu bringen.
Die Verfügbarkeit der kostbaren Ressource Wasser wird weltweit zunehmend brennende Fragen aufwerfen. Bereits heute ist die Nutzung von Trinkwasser für die Gartenbewässerung in Ländern wie Australien gesetzlich beschränkt und klaren Regeln unterworfen. Besonders wassersparende Lösungen haben hier ein großes Marktpotenzial. In den aufstrebenden Schwellenländern stellen sich diese Fragen in einem noch viel größeren Maße.
Ähnliches gilt überraschenderweise auch für Länder wie Großbritannien, die aufgrund von infrastrukturellen Problemen die Wassernutzung im Garten bereits reglementieren mussten. In Deutschland stellt sich hingegen weniger die Frage der Verfügbarkeit als die der Kosten. Die Preise für Trinkwasser sind in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen, und Verbraucher sind an alternativen Lösungen interessiert.
Fakt ist jedoch auch, dass Verbraucher durch die breite gesellschaftliche Diskussion um den Klimawandel für dieses Thema in einem besonderen Maß sensibilisiert sind. Für immer mehr Menschen ist die Verantwortung, die ein Unternehmen für Menschen und Umwelt bereit ist zu übernehmen, ein zunehmend wichtiger werdender Gradmesser für ihre Zu- oder Abneigung.
Diese Entwicklung wird sich verschärfen. Während in den Anfangstagen der Diskussionen oftmals rein werbliche Konzepte zur Adressierung dieses Themas angewandt wurden, ist die Akzeptanz für solch oberflächliche Vorgehensweisen heute geschwunden. Gefragt ist vielmehr echte Nachhaltigkeit, die alle Aspekte des Wirtschaftens eines Unternehmens einschließt. Die daraus resultierende Herausforderung ist ungleich höher und muss ernst genommen werden.

Dynamische Entwicklung von Technologie und Innovation


Die Geschwindigkeit, mit der technische Innovationen unsere Welt verändern, hat sich dramatisch erhöht. Die Zyklen, mit denen Neues in die Welt kommt und unsere angestammten Verhaltensmuster verändert, verkürzen sich stetig weiter. Schon heute sind Tablet und Smartphone in den Klassenzimmern selbst der Grundschüler zu finden.
Einhergehend mit dem Einzug dieser neuen Möglichkeiten in unseren Alltag verändern sich aber auch die Erwartungshaltungen der Anwender. Was gestern noch Avantgarde war und nach Science Fiction klang, ist heute schon der Standard. Mit dem Internet der Dinge werden immer mehr Produkte vernetzt und gewinnen somit an scheinbarer Intelligenz. Wenn wir schauen, mit welchen Möglichkeiten der Vernetzung und Steuerung unsere Smartphones heute ausgestattet sind und in welche Alltagsbereiche sie mit einer großen Selbstverständlichkeit immer weiter vordringen (neuester Trend: Gesundheits-Apps), lässt sich erahnen, wohin die Reise geht.
Die Entwicklungsabteilungen der Gebrauchsgüter­industrie stellt dies vor immer neue Herausforderungen, was die Komplexität und das erforderliche Know-how angeht. Entscheidend ist jedoch der Transfer von den technischen Möglichkeiten zu dem Wissen um die angestrebte Anwendung und den Bedürfnissen der Endanwender. Hierin sollte die Kernkompetenz eines jeden Unternehmens liegen.

Herausforderungen sind Chancen


Für diejenigen, deren Gläser stets halbleer zu sein scheinen, haben Veränderung und Wandel die Anmutung von Bedrohung. Aber in jeder Herausforderung stecken auch neue Chancen. Diese gilt es frühzeitig zu erkennen und darauf angemessen zu reagieren, um den Prozess der Veränderung zum eigenen Vorteil nutzen zu können.
Wie sieht die Zukunft im Garten aus? Hersteller müssen sowohl die Wünsche der agilen Senioren...
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... als auch die der mobilen, voll vernetzten Bevölkerungsgruppe erfüllen.
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