Studie im Auftrag des BHB

Relevanz von Bau- und Gartenmärkten: Werkeln gegen den Lockdown-Frust

Der Garten schafft Entspannung - Baumärkte und Gartencenter helfen dabei.
Der Garten schafft Entspannung - Baumärkte und Gartencenter helfen dabei.
12.03.2021

Den eigenen Garten haben die Menschen im Lockdown als heilendes Refugium empfunden, in dem sie gegen ihre Ohnmacht anpflanzen konnten. Zu diesem Ergebnis kommt das Kölner Rheingold-Institut, das im Rahmen seiner Corona Studien im Auftrag des BHB auch einen Fokus auf die Bedeutung und Funktion von Gartencentern und Baumärkten in Corona-Zeiten gerichtet hat. Außerdem sei der Garten ein Ort, an dem sich Stress und angestaute Aggression am besten verflüchtigen. Die Vorstellung, diesen Ort der Seelenhygiene im Frühjahr nicht ausreichend mit Erde und Dünger versorgen zu können, habe bei den Probanden Sorge und Ärger ausgelöst, berichtet Studienleiter Paul Bremer.

Die Baumärkte wiederum dienen seelisch als Ausrüster, in denen die Menschen sich mit Werkzeug für alle Lebenslagen wappnen können und mit deren Hilfe Projekte auf die Beine stellen, auf die sie am Ende mächtig stolz sein können. Auch hier formulierten die Menschen in Tiefeninterviews das Bedürfnis, sich mit allem Notwendigen zeitnah „ausrüsten“ zu können, um dem Verfall des eigenen Umfeldes immer entgegentreten zu können. „Die Reparatur von Schäden in ihrem Zuhause wird als systemrelevant beschrieben, genauso wie ein Lebensmittelgeschäft“, sagt Bremer. Zum Teil hätten die Probanden das in drastischen Zitaten formuliert. Beispiel: „Heimwerkerausrüstung ist doch Menschenrecht. Ich bin doch kein Tier, was vom Supermarkt nur gefüttert werden muss."

Heimwerkerausrüstung ist doch Menschenrecht
Proband

Das stillgelegte Leben in dieser Phase hielten die meisten Menschen nur aus, indem sie tätig würden. Viele Freuden des ersten Lockdowns, wie Puzzeln, Kochen oder Brettspiele seien aber mittlerweile fade geworden. Gegen die zunehmend quälenden Gefühle des Verlustes an Lebenszeit helfen besonders Betätigungen, die als selbstwirksam und sinnvoll empfunden werden und den Menschen ein Stück Perspektive zurückgeben. So sei man zum Beispiel im Garten noch Herrscher über die Natur oder könne durch Umbauten im eigenen Heim die eigene Zukunft mitgestalten.

Gleichzeitig formulierten die Probanden aber auch das Bedürfnis nach Sicherheit und ein Unbehagen an die Erinnerung an gefühlt lange Schlangen vor den Märkten im ersten Lockdown. „Die Baumärkte und Gartencenter sind hier gefragt, kluge Hygienekonzepte umzusetzen. Sie müssen es schaffen, dem Eindruck von Gedränge entgegenzuwirken, aber gleichzeitig auch den „Kurz-Vor-Ziel-Frust“ beim Warten auf den Einkaufswagen zu vermeiden“, sagt Bremer. Dabei stehen Öffnungen mit klugen Hygienekonzepten einer mittelfristigen Infektionsreduktion überhaupt nicht im Wege. Sie würden letztlich auch die Nutzung von Schnell- und Selbsttests befördern und so helfen den „Schwarzmarkt“ der Corona-Infektionen wieder in nachvollziehbaren Bahnen zu überführen. Gelinge eine gut kontrollierte Steuerung vor der Tür und in den Gängen, könnte eine Öffnung sogar die Einhaltung der Corona-Maßnahmen positiv beeinflussen. Im Moment seien die Menschen auf der Suche nach seelischer Nahrung, so der Psychologe. „Die psychische Entlastung durch Werkeln und Pflanzen kann Betriebsamkeit von öffentlichen Plätzen hin ins eigene Zuhause verlagern.“

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