Denk mal!

Dass in Deutschland innerhalb kürzester Zeit gleich in zwei denkmalgeschützten Räumen Baumärkte aufmachen, das ist in unserer Branche schon eine Besonderheit. Und siehe da, Erlebniseinkauf ist auch in Baumärkten möglich - trotz oder vielleicht sogar dank strenger baulicher Vorgaben durch Industriedenkmäler

In diesem Heft stellen wir zwei außerordentliche Baumartstandorte vor. Das liegt jetzt einmal weniger an den beiden Betreibern Bauhaus und Distributa, die ansonsten doch eher für ihre Solidität berühmt sind. Es liegt auch weniger an den Standorten in Berlin und Sankt Ingbert an sich, denn diese sind nicht so herausragend, dass man über sie speziell berichten müsste.
Es geht vielmehr um die Gebäude direkt. Denn dass in Deutschland innerhalb kürzester Zeit gleich in zwei denkmalgeschützten Räumen Baumärkte aufmachen, das ist in unserer Branche schon eine Besonderheit. Herausragend ist auch, dass es jeweils die größten Baumärkte der beiden Betreiber geworden sind. Ja, für Bauhaus muss festgehalten werden, dass das Unternehmen mit dem Standort in der Bundeshauptstadt jetzt sogar den größten Baumarkt in Deutschland überhaupt sein Eigen nennen darf.
Wer das Bauhaus im ehemaligen Reichsbahnausbesserungswerk im Berliner Stadtteil Schöneberg oder wer den Hela-Markt von Distributa in einer früheren Glashütte im saarländischen Sankt Ingbert besichtigt, der bewegt sich schon dank der Architektur durch eine Kaufwelt, die er in einem Baumarkt eigentlich nicht erwartet. Die räumlichen (Vor-) Gegebenheiten zwangen die Gestalter zu ungewöhnlichen Lösungen, Raumgestaltungen und Warenpräsentationen. Sie verlangten nach neuen Wegen (auch für die Kunden), sie zwangen zum Nachdenken über Erholungsräume. Denn das Bauhaus verfügt über eine Verkaufsfläche von über 22.000 m², der Hela-Markt ist über 200 Meter lang.
Nachgedacht werden musste auch, wie man die frühere Nutzung als Produktions- bzw. Instandsetzungsgebäude im neuen Haus sichtbar macht. Das kann schon ein Stück weit über die Funktion der Architektur erfolgen. Das kann auch geschehen, indem man einzelne Objekte wie Kräne, Maschinen etc. bewusst in den Markt integriert. Oder man integriert gleich eine ganze Ausstellung, wie in Sankt Wendel zum Thema „Glas und seine Herstellung im Saarland“.
Siehe da, Erlebniseinkauf ist also auch in Baumärkten möglich. Und das trotz oder vielleicht sogar dank strenger baulicher Vorgaben durch Industriedenkmäler. Beide Betreiber betonen, dass ihre neu eröffneten Märkte auch für sie Ausnahmen sind. Denn bei allem Verständnis: Man will verkaufen und keine Museen betreiben. Und dennoch: Berlin und Sankt Ingbert sind mehr als nur Vorzeige- oder Prestigeobjekte. Sie sind der Beweis dafür, dass mehr möglich ist als nur ein weiterer 08/15-Standort. Darüber sollte man in den Zentralen auch einmal verstärkt nachdenken.
Dr. Joachim Bengelsdorf
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