Absurder Kampf: Vor allem zwei Mitarbeiterinnen stemmen sich gegen den langsamen Tod des Praktiker-Baumarktes in Bruchsal.
Absurder Kampf: Vor allem zwei Mitarbeiterinnen stemmen sich gegen den langsamen Tod des Praktiker-Baumarktes in Bruchsal.

Praktiker-Doku

Zum Lachen und Weinen

Sabrina Jäger hat den anrührenden Dokumentarfilm „Hier sprach der Preis“ über die Schließung eines Praktiker-Baumarktes in der Provinz gemacht.

Tragikomödien sind eine Theaterform, die eine gefährliche Balance zwischen Weinen und Erschrecken auf der einen sowie Lachen und Staunen auf der anderen Seite einhalten müssen. Das ist kein leichtes Unterfangen. Die Pleite von Praktiker und Max Bahr hat sicherlich bereits von vornherein Elemente, die beides - Tragik und Komödie - in sich vereint. Schon im Vorfeld des Konkurses im Herbst des Jahres 2013 entsprachen die Bilder, die sich ein außenstehender Betrachter von den Vorgängen in Hamburg machen konnte, einer Melange aus Irrsinn, Hybris, Slapstick, Unfähigkeit, Ignoranz, Egoismus und Verrat. Eine Mischung, aus der Shakespeare seine großen Dramen bastelte.
Was bei den "Großkopferten" ablief, findet ähnlich auch bei den "Kleinen" statt. Da ereignen sich in den einzelnen zu schließenden Standorten in einer manchmal absurden Umgebung und Situation persönliche Dramen, über die man in der Berichterstattung in der (Fach-) Presse gerne hinweggeht. Solche Vorgänge werden oft als "Kollateralschaden" abgetan, schließlich denkt man ja auch als Journalist an das "große Ganze". Was sind da schon die Einzelschicksale von rund 10.000 Baumarktangestellten?
Die Filmemacherin Sabrina Jäger hat sich dankenswerterweise dieses Themas in der Provinz angenommen. Im Herbst des Jahres 2013 begleitete sie über zwei Monate lang jeden Tag das Schicksal des Praktiker-Marktes und seiner wenigen verbliebenen Mitarbeiter in Bruchsal-Heidelsheim. So entstand mit dem Dokumentarfilm "Hier sprach der Preis" eine tragisch-komische Geschichte der letzten zwei Mitarbeiterinnen des Marktes. Mit erhobenem Kopf und einer ordentlichen Portion Wut im Bauch, so heißt es im Pressebegleittext zur Dokumentation, durchleben diese die Ausverkaufs- und Schließungswochen ihrer langjährigen Arbeitsstelle - die Insolvenz ihres geliebten Praktiker-Baumarktes.
Der Film verzichtet bewusst auf jede Kommentierung. Und das ist auch gut so, denn die Protagonisten, die Bilder und die Situationen sprechen für sich. Je näher der letzte Arbeitstag rückt, desto widersinniger erscheint die Tätigkeit der handelnden Personen. So versuchen neben Marina und Elena noch der Marktleiter Sven, der erstaunlicherweise die Dreharbeiten aktiv unterstützte, und der britische, des Deutschen wenig mächtige und von außen gekommene Rabattspezialist Nigel so etwas wie Normalität im Markt aufrechtzuerhalten. Sisyphos lässt grüßen. Camus hat die Frage, ob das Leben lohne, gelebt zu werden oder nicht, mit einer Betrachtung der Tätigkeit von Sisyphos beantwortet. In der Absurdität des Lebens (denn es endet mit dem Tod) ist dessen Arbeit in seiner äußersten und beharrlichen Sinnlosigkeit ein Akt der Selbstverwirklichung und insofern ist Sisyphos der Glücklichste aller Menschen. Und da vereinen sich wieder Tragik und Komödie im Film. Aber die wahren Helden sind die, die vor Ort wirken.
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