Neuromarketing-Kongress, München.
Gut besucht wie immer war der inzwischen elfte Neuromarketing-Kongress in der BMW-Welt in München.
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Neuromarketing-Kongress

Dem Dämon ins Gesicht blicken

Der Neuromarketing-Kongress in München zeichnete in diesem Jahr ein skeptisches Bild der Digitalisierung. Geht dem Hype die Luft aus?
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Es gibt sie tatsächlich, die Bodenampeln für Smartphone-Nutzer. Weil die Menschen nur auf ihren mobilen Bildschirm starren, haben unter anderem Köln und Augsburg nun an gefährlichen Stellen, beispielsweise wo sich Straßenbahnen nähern, LED-Lichtleisten bzw. Hinweisplatten in den Boden eingebaut. Damit will man verhindern, dass die Menschen, die nur auf ihren Bildschirm starren und gleichzeitig Kopfhörer aufhaben, zu Schaden kommen.
Smartphones, wird an diesem Beispiel deutlich, verändern ganz konkret unser Leben. Aber was richten die Geräte bzw. allgemeiner die Digitalisierung mit unserem Gehirn an? Der inzwischen elfte Neuromarketing-Kongress in München stellte dieses Thema ins Zentrum. Mit dem Titel "Highway to Brain" lehnte er sich bewusst an einen Titel von AC/DC an - "Highway to hell".
Der erste Vortrag  machte dieser Konnotation alle Ehre. Verbreitung von Falschnachrichten, Radikalisierung, Entmündigung durch Computer, Manipulation - fast schon alarmistisch zeichnete Professor Manfred Spitzer das Bild einer düsteren Zukunft, geprägt von schrumpfenden Gehirnen und übermächtigen Maschinen. "Wir werden damit leben müssen, dass Computer Dinge sagen, die wir nicht verstehen", behauptete Spitzer. Beispiel: Wenn ein Computer schneller lernt als ein Arzt und eine Therapie empfiehlt, die kein Arzt nachvollziehen kann, sollen wir sie dann anwenden?
Facebook, referierte der ärztliche Direktor an der Psychiatrischen Universitätsklinik Ulm, würde bereits nach 500 Likes den Nutzer besser kennen als er sich selbst. Werden wir künftig deshalb heute Produkte zugeschickt bekommen, die wir erst morgen bestellen wollten? Bekommen wir beispielsweise drei unterschiedliche Farbtöne einer Wandfarbe geliefert - ohne sie bestellt zu haben - zwei davon schicken wir eben wieder zurück? Oder gleich die genau passende? Wie werden die Menschen das erleben? Tatsächlich als Entmündigung wie Spitzer meint, oder doch eher als vorzüglichen Service?
Ohne Frage, betonte Spitzer, habe der exzessive Gebrauch der sozialen Medien negative Auswirkungen auf die Lernfähigkeit von Jugendlichen. "Es wird höchste Zeit für die Technikfolgenabschätzung Digitalisierung", sagte Spitzer, Autor zahlreicher Bestseller. Dem Dämon ins Gesicht blicken, nannte es ein späterer Referent.
Durch das dramaturgisch wie immer vorzüglich konzipierte Vortragsprogramm waren die Zuhörer entsprechend sensibilisiert für die weiteren Ausführungen. Allerdings rückte auch der nächste Referent, Professor Bernd Weber, die…
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