Kommentar

Klingt einfach – ist es aber nicht

Erinnern Sie sich noch: Die letzte grundsätzliche Änderung des Mehrwert- und Umsatzsteuersatzes geschah am 1. Januar 2007. Damals wurde der Regelsteuersatz von 16 auf 19 Prozent angehoben. Allein die Umsetzung dieser Änderung führte in der Praxis zu vielen Abgrenzungsfragen und Anpassungsschwierigkeiten. Jetzt führt die temporäre Absenkung des Mehrwert-/Umsatzsteuersatzes sowohl bei der Absenkung zum 1. Juli als auch bei der Wiederanhebung zum 1. Januar 2020 zu ähnlichen Schwierigkeiten.

Die zum 1. Juli 2020 umgesetzte Änderung bei den Umsatzsteuersätzen ist in mehrfacher Hinsicht einmalig: Zum ersten Mal seit der Einführung des heute gültigen Umsatzsteuersystems mit Vorsteuerabzugsberechtigung am 1. Januar 1968 (in der früheren Bundesrepublik) kommt es überhaupt zu einer Absenkung des Umsatzsteuersatzes. Bisher kannte man nur eine steigende Tendenz. Einmalig ist auch, dass eine flächendeckende Änderung des Steuersatzes bei der Umsatzsteuer nur für eine kurze Zeit Anwendung finden soll.

Der Sinn hinter der Steuersenkung: Indem die Kosten des Erwerbs sinken, steigt die Kaufkraft, was die Wirtschaft ankurbeln soll. Erklärtes Ziel ist dabei, die Senkung durch den Handel möglichst kostengünstig und unbürokratisch an die Käufer weiterzugeben.

Jedoch: Insbesondere auch aus den Reihen stationärer Händler erfolgte Kritik am Umsetzungsbedarf. Ein wichtiger Punkt dabei: Die Änderung des Preisausweises, beispielsweise an den Supermarktregalen. Der Aufwand am POS – und damit die Umstellungskosten, die ja zwei Mal anfallen würden – wäre gigantisch gewesen.

Die Preisangabenverordnung macht bestimmte Vorgaben zur Angabe von Preisen. Wirbt ein Händler unter Angabe von Preisen, muss er die Preise angeben, die inklusive Mehrwertsteuer und sonstiger Preisbestandteile zu zahlen sind – die sogenannten Gesamtpreise.

Händler können ihren Kunden aber auch einen Rabatt einräumen, ohne dass dadurch eine Preisumzeichnung notwendig wird. Dabei gelten jedoch Voraussetzungen. Beim sogenannten Pauschalrabatt könnte die Begrenzung nach Kalendertagen entsprechend des Zeitraums der Mehrwertsteuersenkung erfolgen. Der Händler setzt die Senkung demnach durch erstens nach den Kalendertagen zeitlich begrenzte, zweitens durch Werbung bekannt gemachte und drittens generelle Preisnachlässe um.

Klingt einfach – Ist es aber nicht. Es bleibt abzuwarten, wie der Handel mit dem Wust von Sonderbestimmungen und Ausnahmeregelungen zu Recht kommt. Und ob „gut gemeint“ nicht wieder einmal „schlecht gemacht“ bedeutet. 

Herzlichst Ihr

Dr. Joachim Bengelsdorf

 

Kontakt: Tel.: +49/7243/575-208 • j.bengelsdorf@daehne.de

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