Auch ein eBHB2020 braucht Sponsoren: BHB-Hauptgeschäftsführer Dr. Peter Wüst vor der „Sponsorenwand“.
Auch ein eBHB2020 braucht Sponsoren: BHB-Hauptgeschäftsführer Dr. Peter Wüst vor der „Sponsorenwand“.

eBHB2020

Eine gelungene Premiere

Der 21. BHB-Baumarktkongress fand Anfang Dezember 2020 digital statt. Der neu konzipierte „eBHB2020“ konnte durchaus überzeugen.

Natürlich war es ein Experiment. Bedingt durch die einschränkenden Rahmenbedingungen wegen der Corona-Pandemie fand der diesjährige BHB-Kongress voll digital-elektronisch statt. Und so feierte der 21. BHB-Baumarktkongress als „eBHB2020“ am 3. und 4. Dezember seine Premiere – und diese darf in großen Teilen als gelungen bezeichnet werden. Die Technik funktionierte großteils (was schon einmal nicht schlecht ist), die Referate waren pointiert und die jeweilige Tageslänge des Kongresses von jeweils gut vier Stunden passte auch.

Gut 340 Teilnehmer konnte der Verband für den eBHB2020 vermelden. Das ist beileibe keine schlechte Zahl, auch wenn die Teilnehmerzahl der physischen Veranstaltung höher ist – und die Einnahmen, die der Verband durch die Ticketpreise erzielt, natürlich auch. Eröffnet wurde der Kongress durch BHB-Hauptgeschäftsführer Dr. Peter Wüst und Vorstandssprecher Franz-Peter Tepaß aus dem Studio der GS1 in Köln und einem nahegelegenen Konferenzraum. Bei einem kurzen Lagebericht spielten sich beide Akteure auch über die Distanz die Bälle zu und analysierten im Dialog das Branchenjahr 2020.

„Das ist schon enorm“ – so kommentierte Klaus Peter Teipel in seinem Beitrag unter dem Motto „ZDF – Zahlen, Daten, Fakten“ die Entwicklung des DIY-Marktes im abgelaufenen Jahr. Die Baumärkte in Deutschland haben im Jahr 2020 rund 26,1 Mrd. Euro und damit 13,7 Prozent mehr umgesetzt haben als im Vorjahr, so die Zahlen des Marktforschers. Der Gesamtmarkt DIY ist dagegen nur um 3,3 Prozent gestiegen und hat ein Volumen von 255,93 Mrd. Euro erreicht.

Teipels Worten zufolge gibt es zwei große Gewinner: die Baumärkte und den Online-Handel. Denn die E-Commerce-Umsätze in den DIY-Kernsortimenten sind 2020 um 26,3 Prozent auf ein Volumen von 4,967 Mrd. Euro gewachsen.

Das sind Umsätze, die immerhin zu einem großen – nicht dem größten – Teil in der DIY-Branche geblieben sind, genauer: zu 23,8 Prozent. Das ist der Marktanteil der Baumärkte am E-Commerce mit DIY-Artikeln. Genau die Hälfte (50,7 Prozent) dieses Marktes beanspruchen aber die Pure Player. Deutlich zu sehen aber auch, dass die Baumärkte aufholen: Ihre Online-Geschäft ist um 40 Prozent gestiegen, während die reinen Online-Händler um 30 Prozent zugelegt haben.

Etwas „benachteiligt“ waren, so Teipel, die Fachgartencenter. Trotz des Booms im Gartenbereich haben sie nicht so stark zugelegt, nämlich „nur“ um 7,1 Prozent. Zum Vergleich: Das gesamte Umsatzvolumen der Gartensortimente ist um 9,4 Prozent gewachsen, bei den Baumärkten jedoch um 16,9 Prozent.

 Ja, ist denn schon Weihnachten? Die diy-Redaktion packt aus – in diesem Fall das zum Kongress versandte Genusspaket. 

Generell bestätigte Teipel die Einschätzungen, mit denen die Trends in diesem Jahr bereits mehrfach beschrieben wurden: Homing, Home Improvement und Re-Cocooning bestimmen den Markt. Gut für die Baumärkte: „Deutschland ist noch stärker ein Heimwerkerland geworden als schon zuvor.“

Für 2021 erwartet der Marktforscher allerdings einen Rückgang im Vergleich zum Rekordjahr 2020. Konkret: Die Umsätze der Baumärkte könnten dieser Prognose zufolge um 4,1 Prozent sinken – aber eben auf dem erreichten hohen Niveau. Die Konzentration der Konsumenten auf das Zuhause wird bleiben, das wurde auch im Gespräch mit Moderator Peter Wüst klar. So sieht Teipel denn auch „durchaus die Möglichkeit, dass 2022 besser wird als 2021“.

Tristan Horx vom Zukunftsinstitut in Wien sprach in seinem Vortrag „Die Zukunft nach Corona“ über Trends. Er unterschied dabei zwischen den schnelllebigen Mikrotrends und sogenannten Megatrends, die man auch als „Revolutionen in Zeitlupe“ bezeichnen könnte. Diese seien global, allgegenwärtig und dauerten mindestens 25 Jahre an. Aufgrund des letzten Kriteriums könne man bei Corona nicht von einem Megatrend sprechen. Nichtsdestotrotz habe die Pandemie Megatrends beschleunigt. Horx stellte verschiedene Zukunftsszenarien vor und ermittelte anhand derer mögliche Megatrends. Besonders dominant seien die Themen Ökologie, Re-Regionalisierung, Sicherheit und Digitalisierung sowie New Work. Abschließend ging er darauf ein, wie sich Unternehmen diese zu Nutze machen könnten.

Ein ganz wesentlicher Bestandteil des BHB-Kongresses ist von Anbeginn das Networking: Teilnehmer von Handel, Industrie, Dienstleiter und Verbänden kommen beim größten Branchentreffen im Advent zusammen – und freuen sich neben dem sachlichen Austausch auch immer über eine gemeinsame menschliche Komponente. Dies nachzustellen, dafür hatten sich die eBHB2020-Organisatoren einen besonderen Kniff ausgedacht: In der Kongresspause wurden die „Genuss-Boxen“, die an die Angemeldeten verschickt worden waren, von allen Teilnehmern in nah und fern gemeinsam geöffnet, Sponsoren-Gaben getestet und gemeinsame Snacks genossen. Zum Abschluss der ersten Tages ging es dann noch in einen hoch intensiven Branchendialog: Alle BHB-Vorstandsmitglieder sowie weitere Führungskräfte aus dem Handel hatten sich für die interaktiven Handelsbreakouts zur Verfügung gestellt.

Getrennt, aber virtuell präsent: Dr. Peter Wüst im Gespräch mit Klaus Peter Teipel.
Getrennt, aber virtuell präsent: Dr. Peter Wüst im Gespräch mit Klaus Peter Teipel.

Der zweite Kongresstag wurde eröffnet mit dem Thema „Mut des Handelns“ des bekannten Managementberaters Prof. Dr. Guido Quelle. Die deutliche Botschaft: Ein einfaches „Weiter so“ und blindes Vertrauen, dass sich die augenblickliche Verbraucherstimmung automatisch weiter positiv auf die Bau- und Gartenfachmärkte auswirken wird, wäre naiv, so Quelle. Mit Blick auf ihre derzeitig guten Zahlen müssten sich deshalb Unternehmen von Handel und Industrie gleichermaßen fragen, wie volatil der Erfolg tatsächlich sei. Wachstum sei nur gut, wenn es intelligent und gesund angelegt sei – weder durch Rabatte noch durch kurzfristige Bedarfsdeckung erkauft. Quelle definierte die Handlungsfelder, in denen sich die Unternehmen auf ein Abflauen des Umsatzhochs vorbereiten sollten: Zum einen dürfe man eine strategische Weiterentwicklung auf in Zeiten operativen Erfolges nicht ruhen lassen, besonders das ständige Hinterfragen der eigenen Marke sei zwingend notwendig – sei es in Bezug auf Produkte, Vertrieb oder Zielgruppen. Führung bleibt wichtig – das Vorleben der Unternehmenslenker und die Identifikation der Mitarbeiter mit dem Unternehmen sei ebenso entscheidend wie der stetige Blick auf die Prozesse im Vertrieb und die gesamte Lieferkette. Quelle: „Behalten Sie vor allem die Schnittstellen im Blick – Sie kosten oft viel Geld , Zeit und Nerven“.

Als eine „coole Studie“ bezeichnete Peter Wüst, worüber Nicole Steinmetz und Mathias Gehrckens von der Unternehmensberatung Accenture unter der Überschrift „Baumarkt quo vadis nach Covid 19“ berichteten. Darin ging es nämlich um die Studie „Das Jahrzehnt des Zuhauses“, die eine Rückbesinnung auf das Private vor dem Hintergrund der großen Verunsicherung durch Covid-19 und die Angst vor Disruption bei den Verbrauchern konstatiert. „Das scheint mehr als nachhaltig zu sein“, interpretiert Gehrckens die erhobenen Umfragewerte.

Weil alles, war zur Verschönerung des Zuhauses gehört, „ein absolutes Wachstum“ erfährt, gibt es derzeit einen „Siegeszug der Baumarktbranche“ – und es gibt „andere, die noch viel stärker als Sie von diesem neuen Jahrzehnt des Zuhauses profitieren“, sagte Gehrckens: der klassische Möbelhandel, aber viel mehr noch die Online-Händler in diesem Bereich. So hat beispielsweise Westwing seinen Umsatz im zweiten Quartal fast verdoppelt (plus 91 Prozent).

Neben dem Distanzeinkauf und dem „Jahrzehnt des Zuhauses“ sieht Accenture derzeit als dritten beherrschenden Konsumententrend den „ethischen Konsum“. Dabei geht es um Nachhaltigkeit für Umwelt und Gesellschaft und die Frage, „nicht nur: Was brauche ich? Sondern: Was will ich?“, wie Nicole Steinmetz es ausdrückte.

Auf einer eher Produktbezogenen Ebene sieht sie drei Megatrends: Arbeiten von zuhause, Urlaub und Freizeit zuhause sowie den, wie sie es nannte, „Projekt-Rausch“. Dass alle drei Trends auch der Bau- und Heimwerkerbranche Chancen und neue Geschäftsideen bieten, machte sie an zahlreichen Beispielen fest – von der Ausstattung des Homeoffice auch mit – warum nicht? – Computer und Drucker aus dem Baumarkt über Fitnessgeräte bis zum Thema Kochen im Garten.

Die Branchenpremiere erfolgte virtuell: Erich Harsch, seit Anfang 2020 Chef der Hornbach Baumarkt AG.
Die Branchenpremiere erfolgte virtuell: Erich Harsch, seit Anfang 2020 Chef der Hornbach Baumarkt AG.

Martin Langhauser von der GfK beleuchtete danach aus Kundensicht die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Branche und lockerte seinen Vortrag durch Umfragen auf, bei denen die eBHB-Teilnehmer live abstimmen konnten. Er stellte zunächst den Status quo dar: Der DIY-Markt habe im ersten Halbjahr 2020 um 15 Prozent zugelegt. Ebenso hätten sich im Vergleich zum Vorjahreszeitraum die Ausgaben sowie die Häufigkeit von Baumarktbesuchen pro Kopf erhöht. Die Bereiche DIY und Garten lägen also im Trend, zog Langhauser ein erstes Fazit. Auch der Bereich Online habe einen deutlichen Schub erhalten und weise aktuell einen Anteil von 22 Prozent am gesamten DIY-Markt auf. Auch auf Nachhaltigkeit ging der Experte ein. Rund ein Drittel der Baumarkt-Kunden legte darauf Wert, erläuterte er. Abschließend warf der GfK-Director einen Blick in die Zukunft: Demnach steht ein Generationenwechsel von den Babyboomern zu jüngeren Kundensegmenten bevor, durch den sich neue Anforderungen an den Baumarkt ergäben.

Gespannt warteten die Teilnehmer auf den Online-Auftritt von Erich Harsch. Der erfahrene Manager hatte im Vorjahr das Amt des Vorstandsvorsitzenden der Hornbach Baumarkt AG übernommen und musste das Großunternehmen quasi nahtlos durch die Corona-Herausforderung lenken. Sein Kernsatz, eine solche Krise als Chance zu nutzen, fand viel Beachtung unter den Zuhörern. Es komme immer auf die Menschen an, betonte der Manager. Denn sie seien es, die den Umgang mit der „unerwarteten Zukunft“ letzt­endlich für das Unternehmen bewältigten. Wie sie das tun (können), richte sich stark nach der geltenden Unternehmenskultur. Wenn diese anstatt eines engen Regelwerks die Menschen nach ihren Fähigkeiten und der eigenen Urteilsfähigkeit agieren lasse, gewinne das Unternehmen sehr deutlich.

Harsch fügte als Beispiel den Erfindungsreichtum der Teams in den Hornbach-Märkten zu Beginn der Corona-Beschränkungen an. Aus vielen Maßnahmen vor Ort habe sich blitzschnell ein „Best Practice“ entwickelt, das man durch zentrale Vorgaben so nie hätte erreichen können. Ein ganz entscheidender Punkt dabei sei das Zutrauen, das man den Mitarbeitern entgegenbringe. Das Vertrauen in eine „Selbstorientierungskompetenz“ der Menschen müsse dabei ebenso geübt werden wie die Mitarbeiter ihren größeren Handlungsspielraum üben müssten.

Der 22. BHB-Kongress findet am 24./ 25. November 2021 im World Congress Center Bonn (ehemaliger Bundestag) statt – dann hoffentlich wieder als Präsenzveranstaltung.

Dr. Joachim Bengelsdorf, Laura Rinn, Rainer Strnad

Zur Startseite
Mehr zum Thema
Lesen Sie auch