Hinter jeder Ecke der geschäftlichen Welt lauern Risiken – Transportrisiken, geopolitische Risiken, IT-Risiken oder auch das grundsätzliche Lieferantenrisiko, etwa durch einen Warenausfall. Wie man auf diese Risiken optimal reagiert, damit beschäftigte sich in diesem Jahr der Synlog-Tag, das Branchenevent der DIY-Logistiker. „Risiko ist grundsätzlich planbar. Risiken müssen jedoch bewertet werden“, hielt HHG-Geschäftsführer Norbert Lindemann fest, der eine Gesprächsrunde zu diesem Thema moderierte. Bei der Gustav Alberts GmbH etwa beschäftigt sich ein ständiges Risikokomitee im zweiwöchigen Turnus mit den Herausforderungen in der Lieferkette. „Man wird sie nie ganz abstellen können. Risiken sind Teil unseres Geschäfts“, konstatierte Supply-Chain-Leiter Carl Schade.
Auch für die Hagebau ist der Umgang mit Risiken nichts Neues. Der Baumarktbetreiber war in der Vergangenheit etwa durch Cyberangriffe immer wieder gezwungen zu reagieren. Und auch die Hochzeit der Coronapandemie war für den Händler eine einschneidende Periode, die die Wahrnehmung von Risiken noch einmal verändert und stärker ins Bewusstsein gerufen habe, erinnerte sich Logistik-Geschäftsführer Gerritt Höppner-Tietz. Er sieht den Schlüssel in Resilienz: Dazu gehöre die Akzeptanz, dass es immer Risiken gibt, eine gute Vorbereitung auf verschiedene mögliche Szenarien ebenso wie Flexibilität. Er rät zu „strategischer Ruhe“. „Kontinuität statt vieler Richtungswechsel – das ist ein entscheidender Faktor, um Ausfallrisiken zu verringern“, unterstrich der Handelsvertreter.
Prof. Dr. Nektarios Bakakis von der Hochschule Worms regte eine Definition des Begriffes an: „Die Wahrscheinlichkeit, dass etwas Befürchtetes eintritt.“ Diese Wahrscheinlichkeit lasse sich berechnen, warf er ein. Nach einem ähnlichen Prinzip funktioniert auch die Heatmap, die der Logistikdienstleister Dachser zur Risikoanalyse einsetzt. Sie zeigt auf einen Blick die Eintrittswahrscheinlichkeit und die Schwere der Folgen bestimmter Szenarien. „Wir haben Notfallpläne, aber letzten Endes sind es die Mitarbeitenden, auf die es in Risikosituationen ankommt“, sagte Dachser-DIY-Logistikchef Patrick Schwab. Es reiche aber auch nicht aus, alles intern zu regeln. Als Beispiel nannte er die schwere Unwetterkatastrophe, die im vergangenen Jahr über die Region Valencia hereingebrochen war. Damals war Dachser gut vorbereitet gewesen, jedoch konnte die restliche Infrastruktur um sie herum nicht schnell genug wiederhergestellt werden.
Eine immer noch anhaltende internationale Herausforderung, insbesondere für die Unternehmen, die aus Fernost importieren, sei die Lage rund um den Suezkanal, weiß Andreas Walz von Ego Europe. Der Hersteller setzt bei der Risikoanalyse auf künstliche Intelligenz und legt außerdem großen Wert auf Kooperationen mit Dienstleistern, etwa den frachtführenden Spediteuren. „Es ist eine Partnerschaft, ein Miteinander“, hob er hervor.
Diese Taktik fährt auch Alberts. „Manchmal trifft eine Situation trotz Planungen härter ein als erwartet“, berichtete Schade. In solchen Fällen sei es besonders wichtig, die Handelspartner frühzeitig zu informieren. „Nur, wenn man offen kommuniziert, hat das Gegenüber die Möglichkeit zu reagieren“, stimmte ihm Martin Krumhaar von Saint-Gobain Isover zu. Und auch Schwab findet: „Wir müssen gegenseitiges Verständnis füreinander aufbringen, schließlich kämpfen wir alle für die gleiche Sache.“ Auf die etwas provokante Frage der Synlog-Leitung, ob sich eine resiliente Lieferkette nicht auch als Wettbewerbsvorteil ausspielen lasse, reagierten die Gesprächspartner ähnlich und Höppner-Tietz brachte es auf den Punkt: Natürlich herrsche in der Branche auch einmal ein harter Kampf, man source an verschiedenen Stellen, aber keiner könne es für sich allein. Schließlich sei nicht der Baumarkthandel der Haupt-Wettbewerber, sondern beispielsweise Discounter wie Lidl.





Diese Chance, die sich durch den Austausch von Informationen und die sogenannte Schwarmintelligenz ergeben, unterstrich auch Markus Schering, Geschäftsführer der Brancheninitiative Synlog, die das jährliche Branchentreffen veranstaltet. Er sieht darin die Essenz der Veranstaltung: „Anders denken und vorausdenken, dafür ist der Synlog-Tag gedacht“. Man könne sich neue Informationen und Impulse einholen sich darüber austauschen. Die Veranstalter sind dem Wunsch der Besuchenden nachgekommen, das Format noch etwas offener zu gestalten. „Wir wollen miteinander reden, nicht übereinander. Und wir wollen keine Beschallung.“ Das ist dem Bündnis gelungen: Neben den Pausen, die auch bisher schon Raum für Austausch boten, luden zwei Experten-Podien die Anwesenden zum Mitdiskutieren ein und nach vier Pitches, bei denen sich vier Tech-Firmen mit ihren Lösungen vorstellten, hatten die Teilnehmer in Kleingruppen im Rotationsprinzip die Möglichkeit, Näheres zu den vorgestellten Konzepten zu erfahren.
Neu dabei in diesem Jahr war Jokati. Das Startup hat eine Online-Plattform für das Management von Frachtkosten entwickelt, die etwa zeigt, wie sich die Frachtstruktur entwickelt oder ein internes Benchmarkt erstellt, das sich auch für Ausschreibungen nutzen lässt. Außerdem unterstützt das Unternehmen dabei, Daten so aufzubereiten und zu ergänzen, dass sie bewert- und somit verwertbar werden.
In eine ähnliche Richtung geht auch der Service von Baitech. Matthias Rothfuchs stellte außerdem LLM vor, eine auf Unternehmensbedürfnisse zugeschnittene KI-Lösung ähnlich Chat GPT, die ineffiziente Tätigkeiten minimieren soll, „um Raum für wirklich Wertschöpfendes zu schaffen“, wie der Managing Partner unterstrich.
Mehr Effizienz versprechen auch die Motion Miners, die sich bereits beim Synlog-Tag vor zwei Jahren dem Publikum präsentiert hatten: Mithilfe eines Funk-Senders am Handgelenk der Mitarbeiter zeichnen sie Gehwege und Bewegungen der Belegschaft auf und analysieren die Daten, um das Potenzial für zeit- und kosteneffizientere Prozesse und eine ergonomischere Arbeitsplatzgestaltung sichtbar zu machen.
Eine Unterstützung für die Mitarbeitenden ist auch das Citizen Development-Werkzeug Smap One. Während man mit dem Wunsch nach mehr Digitalisierung im Unternehmen oftmals die IT-Abteilungen überlaste, biete Smap One ein Baukastensystem, dass es auch Programmier-Laien ermögliche, Prozesse selbstständig zu digitalisieren, erläuterte Stefanie Schneider.
„Wenn Digitalisierung ins Spiel kommt, ist man fixer“, sagte auch René Wagner, Head of Supply Chain Management bei Hettich DIY, der einen Einblick aus der Praxis eines typischen Baumarktlieferanten bot. Wichtig sei jedoch, merkte er an, eine Datenbasis zu schaffen und die Daten dann zu orchestrieren. „Man muss sich klar machen, welche Daten man der KI geben und welches Ziel man damit überhaupt erreichen will“, befand er. Auch Gardena hat sein Transportmanagement schrittweise digitalisiert und Prozesse automatisiert, beispielsweise die Frachtvergütung, die Mailversendung von Gutschriften und die Frachtbriefgenerierung. Die Nutzung von SAP TM erlaubt dem Gartenanbieter nun beispielsweise auch eine präzisere Volumensteuerung, bessere Forecasts, eine frachtkostenoptimierte Planung und eine CO2-Bewertung der Transporte.
Bei vielen der anwesenden Unternehmen wird künstliche Intelligenz bereits eingesetzt – beispielsweise im Kundenservice, in der Absatzplanung oder im Retourenmanagement – und man zeigte sich weitgehend offen den neuen Technologien gegenüber, trotz vereinzelter Sorgen mit Blick auf Cybersicherheit. „Künstliche Intelligenz ist unter uns angekommen, wir sollten uns darauf einlassen“, hob der Synlog-Geschäftsführer hervor. Klarheit und Transparenz ließen sich über die Auswertung „sauberer“ Daten erreichen, man müsse nur lernen, damit umzugehen. „Es bleibt die alte Erkenntnis, dass Logistik nicht nur Materialfluss, sondern auch Datenfluss ist“, hielt Schering fest.
Für den nächsten Synlog-Tag hatte Schering bereits einen Termin parat: Er findet voraussichtlich am 30. Juni 2026 wieder in Schwerte statt.
Dies ist die Langversion des Beitrags aus der Printausgabe diy 9/2025.